Ivalo: Black Ice


Es ist noch keine sechs Stunden her, als ich in der hereinbrechenden Nacht im Camp ankomme. Hunde bellen, aus Begeisterung und Scheu, Charles und die anderen begrüßen mich. Ich ziehe in meine Yurte, es ist kühl und dunkel, der Ofen ist nicht an und ich mache meine ersten Schritte in einer neuen Welt. Es ist noch keine sechs Stunden her und ich stehe draußen im Wald und sehe hinauf und zittere und betrachte mein erstes Nordlicht des Jahres. Es ist grün schimmernd, leicht in lila übergehend, wie ein Regenbogen, der langsam flattert.

Die Nacht ist klar und kalt, die Yurte gemütlich wie ein Kühlschrank. Ich will aus dem Schlafsack nicht hinaus, aber der Tag beginnt mit einem Frühstück im Freien – das Küchenhaus ist groß wie der kleinste Gartenschuppen: für eine Person, die nur gebückt drin stehen kann. Draußen umklammere ich die Tasse Kaffee mit beiden Händen. Der Himmel ist wolkenlos, aber die Sonne kommt nicht über den nahen Hügel, sie steht schon zu flach. Erst gegen zehn beginnen ihre Strahlen den Wald zu erreichen und lassen mich kurz mit der Arbeit inne halten: das Gesicht zur Sonne gekehrt stehe ich eine Weile da und tue nichts.

Nach einer weiteren klaren Nacht ist der Tümpel am nächsten Morgen vollständig zugefroren. Es ist auf den ersten Blick nicht zu erkennen, wie tief das Eis steht. Ich werfe einen kleinen Stein, hoch und leicht, er prallt auf der Oberfläche auf, rollt weiter, geht nicht unter, begleitet von einem Geräusch, welches einem in Schwingung gebrachten Stahlseil gleicht. Ein Vibrieren der Luft, etwas Außerirdisches, Metallenes, dem Teich und dem Eis völlig Fremdes. Das Eis ist durchsichtig, bis zum Boden herab, es ist schwarz, unberührt, als ob es sich gerade verschlossen hätte.





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