Palma: Sonnentage
Die Churreria ist zum Bersten voll. Warmer, fettiger Duft liegt in der Luft, Menschen stehen an der Bar, Menschen sitzen an den Tischen oder warten am Eingang auf ihre Bestellung. Wir erhaschen den letzten Platz, rücken die Stühle direkt neben dem Glückspielautomaten zurecht, der bunt leuchtet aber stumm an seinem Ort verharrt. Die Dekoration in diesem Lokal ist auf wenige vergilbte Poster beschränkt, in der hintere Ecke hängt ein Fernseher von der Decke, ein kleiner Weihnnachtsbaum mit falschen 50er-Euronoten beklebt ziert die letzte verbliebene Wand. Eine hölzerne Theke teilt den Raum längs. Vier Damen in schwarzen Leggins und roten Schürzen schwirren zwischen den Gästen, meist Familien oder alten Männern, die sich laut unterhaltend und wild gestikulierend beim Gegenüber Gehör verschaffen möchten. Wir nehmen also Platz und Jonna bestellt in zackigen Worten zwei Kakao-Tassen und eine Portion Churros.
Wenige Minuten später tunken wir unsere Churros in den warmen, dickflüssigen Kakao. Es schmeckt süß und fettig. In der Zwischenzeit haben bereits ein Dutzend Gäste das Lokal verlassen und ein Dutzend neuer sind eingetroffen. Die Türe schwingt unaufhörlich auf und zu, die Churros-Pfanne bruzelt wie wild und der Lärmpegel will nicht kleiner werden. Es ist Sonntag Morgen, die Straßen sind leer, aber die Churreria ist ein wilder Ameisenhaufen, ein Umschlagplatz, eine Tradition Spaniens. Wir bestellen noch ein Portion und einen Orangensaft, vertilgen auch den letzten Krümmel und fordern die Rechnung, während sich hinter meinem Rücken schon eine Schlange der Sitzplätze wegen bildet. Wir treten hinaus auf die Straße, die immer noch vor sich hinschläft, an diesem dritten Adventsonntag. Die Sonne strahlt von einem wolkenlosen Himmel, und die Bäume wollen ihre trockenen Blätter immer noch nicht abwerfen. Langsam gehen wir unseren Weg durch Palma zur Marina La Lonja, verdauen erstmal, sprechen wenig und halten uns die Hand. Gemüsehändler schieben ihre Ware auf den Gehsteig, Kaffeehäuser bestuhlen ihr Territorium an der Sonne. Die Erwartung eines geschäftigen Tages färbt die Atmosphäre.
Wir schwelgen in Erinnerungen. Die Altstadt von Bonifacio, das Wochenende in Neapel, die Wochen und Monate auf der Tangaroa. Wir sind eine kleine Familie geworden und genießen in Palma sonnige Dezembertage. Bald soll es in das Winterquartier gehen, an die spanische Küste. Wir warten, wie immer, auf etwas. Papiere, Reparaturen am Ruder, und natürlich das Wetter. Aber anders als vor den anderen Passagen drückt die Zeit nicht mehr. Es wird diese Saison keine Atlantiküberquerung geben. Wir schnaufen tief aus und fühlen, dass ist die richtige Entscheidung, halten uns noch fester an der Hand und schlendern ortskundig durch die Gassen der Stadt, haben immer noch diesen Duft in der Nase: warm und fettig.
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Reisen und die Natur, inklusive Skitouren, Bergsteigen und Wanderungen, das sind die Inhalte meines Blogs "Super gsi - Beginner's Mind". Mehr dazu hier...
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[…] die nächsten Wochen gedacht, an Straßenschuhe und Staub. Thorgeir ging seinen Weg, wir verließen Palma, wieder einmal mehr in der Nacht. Jonna hatte die Steuerung am Ruder reparieren können, dann […]
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