Alicante: Vom Salz zu Staub


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Ich sehe die Küste, diesmal von der anderen Seite. Die aufgehende Sonne blendet mich, trotz des bedeckten Himmels, die dem morgendlichen Bild eine dramatische Note gibt. Das Licht fällt in breiten Bahnen durch die Reihen buschiger Wolken, bohrt sich in das ruhige Kleid des Meeres. Es schimmert silbern. Die Szene wäre vertraut, wenn nicht der Horizont unmittelbar vor mir stünde – ein anderes Meer baut sich vor mir auf. Häuserblock auf Häuserblock reiht sich ohne Seele aneinander, in dichten, geraden Straßen, wie kahle Skelette toter Bäume, unter ihnen staubige Straßen und erdige Plätze, zur Unfruchtbarkeit verdammt. Etwas weiter entfernt, im Landesinneren dieses flachen Streifens der Welt, breiten sich präzise angeordnete Becken salzigen Wassers aus, in denen nichts lebt und keine Vögel dort ein Bad nehmen. Nebel versucht das Land zuzudecken. Die Straßen sind leer, alles ist verlassen, die Spielplätze und die Cafés, die Tankstellen und die Gehöfte. Die Läden sind geschlossen, die Tore verriegelt, nur mein Blick, der über die düstere Landschaft schweift, zeigt Bewegung. Eine Landschaft, die ich noch vor zwei Nächten sehnsuchtsvoll von einem schaukelnden, fröstelnden Deck angestarrt habe. Die gelbliche Beleuchtung der Küste schien zu jener Stunde einladend, es zog meine Phantasien nach einem heißen Bad und einem warmen Essen an, ließ mich nicht los und begleitete mich durch die endlose Nacht. Aber jetzt an diesem Morgen hat es alle Magie verloren, den Zauber abgelegt wie schmutzige Wäsche, die in der Ecke landet. Es hat sich zu Staub gewandelt.


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