Dubrovnik nach Siracusa – erste lange Passage der Tangaroa
„Sailing Yacht at N 39° E 19° , this is Guarda di Finanza, over„. Ein Suchscheinwerfer des grauen Schnellbootes ist auf die Tangaroa gerichtet, die Sonne geht über der Straße von Otranto auf und die Wellen der wilden See brechen über unser Deck. Die zweite Nacht auf der Passage von Dubrovnik nach Sizilien liegt hinter uns, wir sind übernächtig und erledigt, haben seit eineinhalb Tagen keinen Bissen herunterbekommen. 30 Knoten Wind haben uns die Nacht lang beschäftigt, wir haben gefroren und auf Donna aufgepasst, die sich tapfer im schaukelnden Cockpit gehalten hat. Und nun haben wir die italienische Küstenwache fünf Meter neben uns und am Funkgerät.
Wie aus dem Nichts – die Guarda di Finanza am Heck der Tangaroa
„Guarda di Finanza, this is Sailing Yacht Tangaroa, over„. Was kommt jetzt, denke ich mir. Jonna ist am Steuer im peitschenden Wind, geschwächt von Schlafmangel und Seekrankheit, und ich sitze unten in diesem schaukelnden Inferno am Kartentisch und will nur raus auf das Deck. Die Küstenwache weist mich an, auf Channel 11 zu wechseln. Ich denke, sie wollen an Bord kommen und sich ein Bild machen. Ich schaue um mich – im Salon ist eine Bombe hoch gegangen: alles liegt am Boden verteilt – Obst, Bücher, Equipment, Polsterbezüge, Kleidung. Die See hat nicht nur uns gebeutelt, auch die Tangaroa hat ein paar harte Schläge einstecken müssen.
„Sailing Yacht Tangaroa, your port of call, your flag and your crew names please„. Und damit beginnt eine wenige Minuten lange Frage und Antwort-Funkerei zwischen uns und den Italienern, die uns ein bißchen Übung im Fernspruchverkehr einbringt und ein ‚Arrividerci‘ von der Küstewache, nachdem sie unsere Auskünfte als befriedigend eingestuft haben. Kein Besuch an Bord der Tangoroa, kein Abschleppen in den nächsten Hafen. Wir aber haben noch einen mehrstündigen Weg nach Santa Maria di Leuca. Spontan entscheiden wir, hier einen Tag Pause einzulegen und diesen wilden Ritt durch die südliche Adria, der uns in den Knochen steckt, wieder abzuschütteln, bevor es weiter nach Sizilien geht.
perfektes Segelwetter am ersten Tag entlang der Küste von Montenegro
Delfine, die uns ein Stück entlang der albanischen Küste begleiten
Erst spät am selben Nachmittag machen wir einen Spaziergang durch Leuca. Wir brauchten Schlaf in einem ruhigen Bett, wir brauchen ein ausgedehntes Frühstück, Dusche und Zeit, das Boot wieder halbwegs herzustellen. Donna braucht ein Bäumchen, wir ein Gelato. Nur kurz überlegen wir, eine zweite Nacht in Leuca, am südlichsten Stiefelabsatz Italiens, anzuhängen. Den Gedanken verwerfen wir bald. Die Zeit drängt, wir haben einen Termin in Siracusa, sollten weiter. Während Donna weiterhin von Sand und Auslauf träumt, stirbt der Wind und wir wissen, was das heisst. Am nächsten Tag läuft die Tangaroa unter Motor in den lauen Sonnenabend aus dem friedlichen, aber Fliegen verpesteten Hafen aus, in die Ionische See, die sich leise und friedlich präsentiert. Das Wasser ist eine Hülle aus feinster Seide, keine Bewegung, keine Welle, nichts ausser der Tangaroa, die wie eine venezianische Gondel den Canale Grande passiert. Wir sind entspannt, träumen von einer erholsamen Nacht. Jonna testet ihre Handangel, zehn Minuten später haben wir einen kleinen Thunfisch an Bord. Wir lassen den kleinen Burschen wieder laufen, zu klein und zu jung, das Leben vor sich. Wir tragen diese Begegnung in unser Logbuch ein, es wird Dunkel und ein feiner Nebel beginnt aufzusteigen.
Donna genießt nach zwei harten Segeltagen das Sonnendeck
Jonna bereitet die Handangel vor – erfolgreich, wie sich wenige Minuten später heraus stellt
Zwei Tage und Nächte später laufen wir in völliger Dunkelheit in Siracusa im Porto Grande ein. Die Leuchtsignale des Hafens leiten uns in diesen großen Naturhafen. Wir sind aufgeregt, ein neuer Hafen, ein neues Anlegemanöver, die Dunkelheit. Über Funk bekommen wir unseren Anlegeplatz zugewiesen. Eine gute halbe Stunde vergeht, unser Boot ist perfekt vertaut und der Anker sitzt wie angegossen, Uli, Jonnas Onkel, empfängt uns, genauso wie ein Riesenfeuerwerk, welches mitten im Anlegemanöver über dem Mast losgeht. Die Anspannung verfliegt, die erste große Passage ist geschafft. Wir mussten Frachtschiffen ausweichen, der schlechten Nachtsicht trotzen, Schildkröten und Delfine an Steuerbord begrüßen und Spatzen eine Mitfahrgelegenheit bieten. Ein kleiner Federfreund landete gar in Donnas Körbchen. Die zwei kuschelten sich Schnauze an Schnabel, verblieben für Minuten in entspannter Manier und trennten sich kurz danach, wohl für immer. Wir lassen die Passarelle herunter, gehen auf einen Drink und ein Abendessen, in die Altstadt von Siracusa.