Berlin: ungeschminkte Leichtigkeit
Charlottenburg. Wir flanieren am Ku’damm, weichen über weite Straßen zur seinen Seiten, überall Fassaden des Jugendstil, davor Reihen von Platanen, die jetzt im Berliner Sommer grün und prächtig stehen. Das Leben wirkt beschaulich, es geht seinen Gang, Menschen sitzen auf den Bänken, unterhalten sich, die Autos fahren ohne Hektik, alles fließt unablässig mit der Ruhe eines breiten Stromes, an dessen Ufern Pappeln stehen und Monet die Szene einer Familie beim Picknick in Ölfarbe malt. Es sind die Platanen, die einen Hauch französischen Lebensgefühls nach Charlottenburg tragen, aber noch viel mehr sind es die großzügigen Straßen mit ihren breiten Gehwegen, die diese Assoziation überhaupt ermöglichen.
Berlin ist ein Mosaik. Das wird mir klar, als Jonna mich durch Kreuzberg führt. Ein bunter Mix aus Kulturen, der sich lebendig und laut, hektisch und chaotisch gestaltet. Der Wiener Naschmarkt kommt dem hier am nächsten. Überall Kanäle und Wasserläufe, türkische Lebensmittelläden und Küche aus aller Welt. Im Hamz essen wir vietnamesisch, im Dudu japanisch, und an einem anderen Abend, Thai. Beim Türken ein Frühstück, beim Libanesen ein Snack. Vor mehr als zehn Jahren bin ich das erste und letzte Mal in Berlin gewesen. Alexanderplatz, Ost-Berlin. Das sieht heute anders aus, die Teile der Stadt sind nun beinahe nahtlos miteinander verbunden.
Impressionisten des 21. Jahrhunderts
Wir laufen dem Wasser entlang, es nieselt, der Wind greift in unser Haar. Berlin ist an diesem Tag grau und ungeschminkt. Ein Anflug von Melancholie ergreift mich. Bald werden wir Berlin verlassen, seine Straßen, das Heim von Mone & Mone, das ich lieb gewonnen habe. Der Sommer ist noch nicht vorbei, aber neigt sich seinem Ende zu, und die Erwartung an das Ende verdunkelt die verbliebenen Stunden. Wenn dem Mensch die Gier nach mehr überwältigt, stolpert er geradeaus in diese Grube des Trübsals, wälzt sich darin unfähig der eigenen Befreiung, bis er realisiert: etwas loszulassen heißt es wahrhaft zu lieben. Mir scheint, der Augenblick ist die Richtschnur, das Verweilen in der Zukunft eine Warnung, die Liebe nichts als Ausdruck der Hingabe an den Moment. Wir gehen weiter am Wasser entlang und wissen, nach dem Heute kommt ein neuer Tag, und danach ein neuer und wieder ein neuer. Es ist nicht notwendig darüber nachzudenken. Es läuft sich leicht in Berlin, wenn Regen fällt, wenn die Sonne strahlt. Wir gehen weiter, weiter nach Süden, dem Abenteuer entgegen.
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[…] Ein Kurztrip nach Berlin – immer wert. Vor allem, wenn man das Notwendige (Geschäftstreffen) mit dem Schönen (Stadt genießen) verbinden kann. Also, auf nach Berlin: […]
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