Studentiov Pik: russisches Bergleben

Die Nacht im Blue Lake Biwak ist ein Test für unsere Kameraderie: Augusto springt ein paar Mal in der Nacht hinaus in die Dunkelheit, Paolo schnarcht und Sascha kuschelt sich eng an meine Seite, dass ich mich kaum ausstrecken kann. Irgendwo höre ich die Biwak-Maus rascheln und denke an die Banja am nächsten Tag. Die Schneehöhle, die ich am Nachmittag unweit des Biwak angefertigt habe, bleibt in dieser Nacht dennoch unbesetzt.

der erste und einzige Tag mit etwas Wolken

Schnee und Eis in den Hängen

Im Schlaf jagen mich die Träume. Das Couloir, das ich mit Sascha und Kostya am Vortag versucht und in der unteren Hälfte abgebrochen habe, weil der Triebschnee uns Angst macht. Moskau und die kommenden Abenteuer dort. Nurbek und das Eis. Es reisst mich aus dem Schlafsack, ich trinke zwei Tassen Tee aus der Thermos, die mir als Kopfpolster dient.

die Biwakschachtel am Blue Lake

hohe Eisabbrüche

Die Sonne des frühen Morgens wärmt mein Gesicht. Ich stehe auf einem großen Felsen, gute einhundert Meter vom Biwak entfernt, habe etwas Luft für mich, sehe in das Tal hinab, links und rechts steile Felshänge mit gefüllten Couloirs, dazwischen der breite Strom des Gletschers, den wir heute weiter hinauf folgen und etwas später verlassen werden. Es ist ruhig hier bis auf einen Adler, der über mir seine Kreise dreht. Das Team ist beim Frühstück, aber ich habe meine Kondensmilch in Tubenform und das genügt mir voll auf. Drei Stunden später stehe ich mit Kostya am Studentiov Pik (3.720 m), wir blicken hinüber zu den nächsten Gebirgszügen und im Stillen denken wir beide nach, wie dieser oder jener Berg am besten zu befahren ist.

am Seil über den Gletscher

Zwischen Nachmittagsessen und Abendessen sitze ich mit Slava in der Küche, er schneidet Kartoffeln und ich schreibe Texte. Mit einem Lautsprecher und einem Plastikkanister bastelt er einen Subwoofer der Extra-Klasse, wir drehen mein Notebook auf und hören ACDC und wippen mit den Köpfen – Hell Aint a Bad Place to Be. Mit seinem Vollbart schaut er Kaiser Franz-Josef etwas ähnlich, sein blau-weiss gestreiftes Shirt taucht ihn wieder in einen russischen Matrosen. Wir tauschen Musik und jetzt habe ich endlich auch Songs von Alla Pogaceva.

Kostya am Gipfel