Titov Vrv: Ausdauer ist gefragt
Den Tag habe ich mir anders vorgestellt: schnell hinauf ins Ski Resort Popova Sapka und flott 1.000 Höhenmeter zum nächsten Gipfel. Ich habe Gefallen an dieser Kurztour gefunden, weil meine Füße nach vier langen Skitouren in Folge recht lädiert aussehen und sich noch schmerzhafter anfühlen.
Selbstverständlich kommt alles anders. Die Anfahrt dauert fast zwei Stunden – im Dunkeln durch Skopje manövrieren, im Nebel in Tetovo die Auffahrt Richtung Popova Sapka finden und dann nochmals eine Viertelstunde auf 1.600 m Seehöhe kurven. Am Parkplatz keine Menschenseele, ein heruntergekommenes Restaurant, die Lifte nicht im Betrieb, alles rostet und leckt, als wäre ich in einer Zombie-Gegend. Huh, zwei heruntergekommene Hunde streunen herum.
Der Aufstieg auf der verlassenen Piste ist nur mit Harscheisen möglich – Schmelzharsch von der argen Sorte. Ohne Eile marschiere ich immer höher, sehe den einen oder anderen Gipfel, wie immer etwas weiter weg, orientiere mich nach Süden entlang der Hauptkette, die ich nach zwei Stunden erreiche. Es bläst am Grat, der Schnee ist nun zu Windharsch gewandelt und für den nächsten Gipfel muss ich wieder absteigen, aufsteigen, absteigen. Dieses Spiel geht den ganzen Tag, auch während der Abfahrt. Die Rinnen zwischen den Bergen sind beträchtlich tief und ich muss sie großräumig umgehen. Am Horizont taucht nun der Gipfel des Titov Vrv (2.747 m) auf. Die harte Unterlage trägt mich leicht und ich komme einigermaßen flott voran, trotz der vielen Gegenanstiege.
Immer wieder tiefe Einschnitte in der Bergkette
Entscheidungen wie diese fallen nicht, sie entwickeln sich: ich nähere mich dem Berg, immer mehr und dann denke ich, hey, ich bin schon so weit gekommen, also lass ihn dir doch mitnehmen. Auf den Titov Vrv komme ich aber nur mit den Ski am Rücken. Auf der Rückseite des Berges sehen die Hänge verlockend aus, aber über die Qualität des Schnees kann ich nur grübeln. Auf der Südost-Seite ist der Schnee firnig, aber oft zu dünn, auf der Nordseite noch steinhart. So werden die Abfahrten ein Mix aus wenigen, firnigen Schwüngen, dazwischen vorsichtigen Herantasten an apere Stellen und immer wieder sehr steile Tauchgänge in die Mulden der Nordseite, gefolgt von mühsamen Gegenanstiegen.
Zurück beim Auto, der Parkplatz ist mittlerweile übervoll, genieße ich mein Snickers, trinke einen Schluck restlicher bulgarischer Limo und schau ins grau-trübe Tal. Balkan im Winter ist nicht besonders hübsch. Müde nach sechs Stunden Auf und Ab ist mir der Stau in Tetovo auch egal. Ich will Skopje sehen.
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[…] Höhe sehr schlecht. Ich sehe kaum zehn Meter weit. Ich gehe über nicht benutzte Skitrassen zum Grenzgrat zwischen Kosovo und Mazedonien oder soweit ich glaube gekommen zu sein. Weit oben sind die Wolken dicht und ich sehe nur Schatten […]
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