Piz Linard: direkt durch die Südwand
Ein anderer Tag im Engadin, die Hintere Jamspitz ist Vergangenheit, ein Besuch in Lavin einen Kaffee wert, doch nun steigen wir im Mondschein dem Piz Linard entgegen. An diesem Tag ist Erika an meiner Seite, orientiert sich an den Spuren anderer in die Südwand. Wir sind aber die Ersten an diesem Tag, weitere Seilschaften werden folgen, und das Licht unserer Stirnlampen zur Orientierung nutzen.
Piz Linard (3.410 m) von Osten
Bevor wir das erste Couloir, eine direkte Linie nach oben, betreten, drehen wir unsere Stirnlampen ab. Der Mond ist hell genug, und im Schnee haben wir soviel Kontrast, wie nötig, um sicher steigen zu können. Schritt für Schritt, Schlag für Schlag, hieven wir uns den enger werdenden Korridoren dem höchsten Punkt entgegen. Der Wind legt sich, es ist ruhig, es sind nur wir zwei in der Wand, Schritt für Schritt nach oben. Eigentlich ist der Weg sehr bequem, ich muss nie in meinen Waden ’stehen‘ wie am Alpamayo, und zu meiner Überraschung bleiben die Rinnen flacher als am Nez Percé, die ich mit den Ski abgefahren bin.
Sonnenaufgang kurz vor Erreichen des W-Grates
Ich träume erst von einer Skiabfahrt, als wir auf der Westschulter stehen, nun in der Morgensonne. Ich bin vollkommen ruhig, schaue auf die Steigeisen vor mir, und dann sehe ich hinunter und denke mir, was für eine Abfahrt das wäre! Die Sonne wärmt zum ersten Mal unsere kalten Hände und Gesichter, wir folgen dem Fels und dem etwas Eis den Grat entlang, bis zur kleinen Kuppe, die das Gipfelbuch bereit hält.
die steilen Couloirs sind hinter uns
Der Rundum-Blick ist überwältigend, und wir suchen den Horizont nach Norden ab – die Sulzfluh und die Drusenfluh fallen uns als erstes ins Auge. Ich bin sofort im Fieber. Was ist das für ein Gipfel dort? Und dieser hier? Mir ist es plötzlich egal, ob Schnee oder Eis oder Fels im Dezember herrscht, ich will nur eines. Und das ist der Eispickel in der Hand.
gegen Acht stehen wir am Gipfel
Der Abstieg, gewohnt mühsam, ist ein Ankämpfen gegen fehlenden Schlaf und aufkommende Hitze. Andere Seilschaften sind noch im Aufstieg, schwitzen, und wir trotten durch die Rinnen hinab, raus aus dem Tal, immer weiter hinab bis zum Inn, die Beine werden etwas schwerer, die Schultern verkrampfter, aber das alles ist vergessen, als wir unten am Fluss noch einmal hinauf sehen und den Gipfelaufbau des Piz Linard entdecken – zweitausend Höhenmeter über uns.
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„Super gsi – Trails & Raids“ berichtet über Mark’s Reisen und Outdoor-Aktivitäten, meist Skitouren, Bergsteigen und Bike-Touren. Mehr dazu hier…