Vallunaraju: für eine Nacht Nationalpark-Ranger sein
Ich dachte, das machst du ganz leicht, so wie am Urus. Aber meine Beine fühlen sich schon wenigen hundert Höhenmetern schwer an, besonders jetzt, als sie die Ski ziehen müssen. Ja, die Skitouren-Saison geht weiter! Vallunaraju (5.680 m) ist, auch wenn so nah an Huaraz, für mich nun ein besonderer Berg: die erste Skitour in Südamerika, der erste Skigipfel über 5.000 m, und die Aussicht auf zwei Tage ohne Essen und einer kalten Nacht.
Letzteres kommt so, und ist gar nicht so untypisch hier: das, was jemand sagt, stimmt oft nicht; das, was jemand verspricht, wird so nicht eingehalten. Für diese Tour bedeutet das: das Refugio, das laut Bergführerbüro in Huaraz offen und gewartet sein sollte, ist am Tag meiner Ankunft geschlossen. Kein Dach, kein Bett, kein Essen. Der Park-Ranger nebenan erbarmt sich, und auf meine Frage, ob ich doch nicht in seiner Hütte in einer Ecke über Nacht bleiben kann, bekomme ich seinen einzigen Hüttenschlüssel, er fährt über Nacht nach Huaraz. Nun bin ich Ranger im Parque Nacional Huarascaran, habe ein Funkgerät und ein Fernglas.
über Moränen langsam hinauf zur Schneegrenze
Doch am Gletscher unter dem Vallnuraju ist die Hütte weit weg, und ich gehe stetig und gemächlich den Berg hoch. Die Routenführung ist leicht, viele Spuren weisen den Weg, ich habe klare Sicht, und es sind nur wenige Spalten zugeweht. Ein einziger, riesiger Serac am Ende der Route steht wie ein fauler Zahn fast frei und macht mich etwas nachdenklich. Der wird demnächst fallen. Und ich bin eigentlich spät dran: um Neun am Refugio (4.400 m) angekommen, um Elf am Gletscher, und nach einem Schwätzchen mit einem Tiroler, der sein Team für eine Alpamayo-Besteigung vorbereitet, toure ich einsam zum Gipfel.
Blick vom Gletscherrand nach Süden
viele große Spalten, aber gute Schneebrücken; hinten türmt sich der Nordgipfel auf
Gegen 13.00 bin ich am Sattel zwischen den Doppelgipfeln. Die Stufen auf den Brücken über den Spalten des Gletscherrückens, der kurz zum Nord-(und Haupt-)gipfel führt, schauen in der Nachmittagssonne zerbrechlich aus. Sie erinnern mich an waghalsige Stiegenkonstruktionen in Disney-Filmen. Doch nun zieht der Himmel zu, schwarze Wolken drängen sich zusammen. Ich entscheide mich für die kürzere Variante zum Südgipfel (5.600 m). Keine Spalten, aber etwas steiler. Der Grat ist fest.
Der Nordgipfel hat schon einige Seracs „entlassen“
Skidepot am Sattel, Blick zum Südgipfel
Das Wetter wird etwas wilder, und ich mache mich rasch für die Abfahrt fertig. Die ersten Schwünge nach gut zwei Monaten Skitouren (ich glaube, das war am Mt. Dade in der Sierra Nevada) sind etwas ungelenk, aber nachdem ich das steile Spaltengelände über schmale Schneebrücken passiert habe, kurven meine Ski wie in alten Tagen durch das flache Firn-Gelände. Jetzt passt es, und ich gönne mir eine längere Pause am Ende der Abfahrt.
Als ich dann nach über zwei Stunden Moränenwanderung bei der Ranger-Hütte ankomme, schaue ich gleich in die Küche – Tee, Brot, Zwiebeln, Kekse. Ok, ich werde einen Gourmet-Abend haben. Es gibt sogar Licht und einen Gasherd. Ich bin glücklich. Meine erste Nacht als Nationalpark-Ranger.
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„Super gsi – Beginner’s Mind“ berichtet über Mark’s Reisen und Outdoor-Aktivitäten, meist Skitouren, Bergsteigen und Bike-Touren. Mehr dazu hier…