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Chimborazo: Versuche im Höhenbergsteigen

Um 23.00 aufzustehen, an das werde ich mich nie gewöhnen. Übel ist mir, und auf ein Frühstück kann man sich kaum einlassen. Aus dem Schlafsack zu kriechen ist immer schwer, auch in einer Nacht, in der man kein Auge zumachen kann. Beim Refugio Carell (4.800 m) campieren wir „eine Nacht“, bevor es auf eine Bergtour zum Chimborazo (6.268 m) geht. Der Generator der Behelfshütte ist laut, und als ich endlich einschlafen kann, reisst mich alle paar Minuten ein Gefühl des Ertrinkens hoch. Das muss wohl an der Höhe liegen. Wir haben in den letzten Tagen sehr viel Zeit über 4.000 m verbracht (Corazon, Illiniza Norte, Cotopaxi), das Schlafen klappt aber in einer Höhe von knapp 5.000m noch nicht.

chimborazo
wieder mal ein toller Zeltplatz – in der Nähe des Refugio Carell

Wie schon am Cotopaxi müssen wir am Chimborazo einen Bergführer nehmen, die Bestimmungen in Ecuador verlangen das. Mit Rodrigo haben wir aber eine gute Wahl getroffen. Und so machen wir uns zu dritt kurz vor Mitternacht auf den Weg zum El Castillo, der von Felsstürzen bedrohten Route, die uns zum Gletscher des Vulkans bringen soll. Im Stirnlampenlicht wandern wir über Geröll, dann mit Steigeisen über Eisplatten, recht steil und mit hohem Puls. Wir merken erst beim langen und mittelsteilen Gletscheranstieg, dass das Tempo zu hoch war. Wir müssen nun kämpfen, unsere Schrittfolgen werden langsamer, und Rodrigo muss einen Gang zurückschalten. Meine Begleiterin kämpft mit Übelkeit, ich mit Müdigkeit. Erst hier verwandelt sich die Sternen-klare Nacht in einen Schneeschauer, der mehrere Stunden anhält. Wir nehmen ihn kaum war, weil wir so sehr mit uns beschäftigt sind. Im zweiten Drittel des Anstiegs gelingt es uns immer besser, endlich wieder in Normalverfassung zu kommen. Nun wird es langsam hell. Der Schneefall wird stärker, das Barometer fällt, und wir diskutieren den Abbruch der Tour. Ich will noch warten, hole bei Rodrigo noch 15 Minuten ‘im Wind sitzen und abwarten’ heraus. Es lohnt sich, es reisst auf, und es ist klar was zu tun ist.

chimborazo
Morgenstimmung am Gipfel des Chimborazo

Wir steigen weiter hoch, es ist nicht mehr weit. Vielleicht noch 150 Höhenmeter. Und fast schon auf der Gipfelkuppe wird mir schlecht. Ich sehe gelbe Flecken im Himmel und im Schnee, komme kaum noch nach und bitte um kurze Pausen, da wir gemeinsam am Seil gehen. Die Höhe? Zuwenig in der langen Nacht gegessen oder getrunken? Wir erreichen den Gipfel gegen 07.00, ein paar Fotos, und schon brechen wir nach unten auf. Ich führe, und plötzlich laufen mir Tränen über das Gesicht, völlig unkontrolliert. Ich weiss nicht warum. Der Gipfel des Chimborazo, unser erster 6.000er? Die schönen Rundumblicke? Die Einsamkeit und die Kämpfe der letzten Monate? Dann weiss ich es. Oben am Gipfel, in einem Augenblick, als es mir so schlecht ging, blass und blau und grau im Gesicht, kurz bevor ich in den Schnee umzufallen drohte, und jeder kennt das Gefühl, bevor er ohnmächtig wird, in diesem Augenblick wußte ich, ich sinke zu Boden, und im gleichen Augenblick kam mir der Gedanke, dieser Ort ist ein schöner Ort zum Sterben. Ich wurde nicht ohnmächtig, man rief nach mir, sich doch hinzusetzen, und ich stammelte in der gleichen Sekunde das Wort „Unterzucker“, kaum hörbar. Schon bald flößten mir Rodrigo alles, was sie an Zucker hatten, in den Mund, und wenige Minuten später war ich wieder auf – wackeligen – Beinen, bereit für den langen Abstieg. Jetzt wußte ich, warum mir die Tränen herunterschossen, fast den gesamten Abstieg lang am Gletscherhang. Da oben auf 6.200 Meter umzufallen ist nicht sehr lebensverlängernd. Ein ‚close call‘, wieder mal.

chimborazo
Chimborazo (6.268 m), die Normalroute geht li am breiten Grat entlang

Der Abstieg verläuft ohne Vorkommnisse, auch wenn ich etwas länger brauche. Ein anderes Bergsteiger-Duo hat weniger Glück, ein Sturz, und ein Kieferbruch. Auch wenn der Chimborazo oft als technisch leichter Berg bezeichnet wird, die Faktoren Wind, Höhe, Steinschlag, Kälte und Orientierung machen ihn zu einem ernsthaften Unternehmen. Ein hart erkämpfter Gipfel. Er wird mir immer in Erinnerung bleiben.

7 replies
  1. Werner Döller says:
    1. July, 2014 at 09:32

    Lieber Mark,

    Gratuliere! Ich weiß wovon Du sprichst… Wünsche Euch weiterhin alles Gute!!!

    Liebe Grüße aus Wien, Werner

  2. MBuz says:
    1. July, 2014 at 15:47

    hey Werner, ich sage mal: lesson learned! in Peru geht’s weiter … beste Grüße aus Riobamba, Ecuador, Mark

Trackbacks & Pingbacks

  1. Cayambe: im Schneebiwak auf 4.800m – super gsi! says:
    2. September, 2018 at 20:43

    […] hier hochschleppen, und das wiegt ordentlich. Auch dieses Refugio ist im Umbau (siehe Cotopaxi und Chimborazo), und die kleine Hütte nebenan ist nur für organisierte Touren. Gut, dass ich mein Zelt mithabe. […]

  2. Cotopaxi: durch die Nacht zum Gipfel – super gsi! says:
    2. September, 2018 at 20:40

    […] Am Illiniza Norte kommen wir noch um diese Beschränkung herum. Aber am Cotopaxi und auch am Chimborazo herrschen andere Regeln. So engagieren wir – vollkommen entgegen unserem Grundsatz […]

  3. Tocllaraju, Ishinca & Urus: Solo-Höhenbergsteigen : super gsi says:
    31. July, 2014 at 15:22

    […] Gipfel des Illiniza Norte bergsteigerisch eine Tat, das Erreichen der Gipfel des Cotopaxi und des Chimborazo eine sportliche, aber keine alpine […]

  4. Vicos: Abschiedstour aus der Cordillera Blanca : super gsi says:
    31. July, 2014 at 15:19

    […] Copa hatte ich zehn Schoko-Riegel, 400 g Trockenfrüchte, 200 g Dulce de Leche mit – um ein Chimborazo-Desaster zu vermeiden). Der Morgen ist herrlich, mein Blick schweift zum Gipfel des Nevada Copa, […]

  5. Quilotoa – ein Ausflug in den Alltag der Backpacker-Welt : super gsi says:
    4. July, 2014 at 19:58

    […] Chimborazo kehren wir müde in die Zivilisation zurück. Wir verbringen einen faulen Nachmittag in Riobamba, […]

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