Mt. Walt: Wegsuche in der Sierra Nevada
Am Nachmittag komme ich zu den Twin Lakes, unterhalb des Sonora Pass, etwas südlich von Bridgeport. Szenen wie aus einem Bilderbuch. Dunkelblaue Seen, wolkenloser Himmel, und dazwischen das helle Braun der Halbwüste, gesprenkelt mit dunklem Grün der Nadelbäume. Ich parke beim Mono Village, einer großen RV-Anlage, und mache mich auf dem Weg, die Ausgangspunkte für die nächsten zwei Tage zu erkunden. Der Parkmanager kann mir mit meiner Frage nicht weiterhelfen, schickt mich in die falsche Richtung, wie ich nach einer halben Stunde feststelle. Später gelingt es mir, die richtigen Wege zu finden. Ich entscheide mich, morgen eine Bergtour ohne Ski zu machen.
Der nächste Morgen beginnt sehr ruhig. Auf dem Campingplatz (2.160 m), den ich kreuzen muss, ist keine Seele auf. 06.45. Morgenrot, Wolken über Nevada, aber hier an den Twin Lakes ist es wolkenlos. Dank meiner Erkundungen am Vortag finde ich den Einstieg ohne Probleme. Aber der Einstieg ist ein Bach, der aus einem dichten Wald kommt, keinen Weg kennt und oberhalb aus einem Wasserfall kommt! Nach zehn Minuten ist klar, dass man hier mit Ski auf keinen Fall hochkommt – im Winter. Aber auch jetzt wäre es mit den Ski am Rucksack undenkbar – in diesem dichten Dickicht käme man nicht weit. Ich strauchle mich also hoch, Meter für Meter, über unzählige gefallene Bäume, Äste, Gebüsch. Es ist schwierig, Kontakt zum Bach zu halten, denn das Gelände ist sehr steil. Nach mehr als einer Stunde so etwas wie eine Lichtung. Ich sehe, ich muss den Bach queren und in ein Seitental eintreten. Das Gebüsch ist unglaublich zäh und kratzig, und auf der anderen Seite des Baches das gleiche Spiel für nochmals eine halbe Stunde.
das Geröllfeld ist noch nicht vorbei
Aber dann bin ich mir sicher, dass ich auf dem richtigen Weg bin. Nach rechts geht ein Schotterfeld hoch, lang und steil, und dass muss der Einstieg auf den Nordgrat zum Mount Walt sein. Die Karte im Führer gibt nichts her, also geht’s über loses Geröll steil nach oben. Geröll ist anstrengend. Harte Schneefelder, die ich so gut es geht meide, ebenso. Denn die Tritte zu hauen kostet Zeit und Kraft. Als ich endlich über dem Schotterfeld in den Nordgrat (eher ein Sattel im Nordgrat) trete, sehe ich zum ersten Mal die markante Rampe zum Gipfel des Mount Walt. Richtig!
knapp unter dem Gipfel, unten die Twin Lakes
Der Nordgrat ist faszinierend. Links und rechts steigen orange-braune Granit-Nadeln hoch, perfekt für eine Risskletterei. Der breite Rücken ist zunächst ein Schneefeld von minimalen Ausmaßen (jetzt täte es mir final leid, die Ski hierher hinaufgeschleppt zu haben). Weiter oberhalb beginnt nun eine feine Blockkletterei, bis zum exponierten Gipfel des Mount Walt (3.530 m). Die Aussicht auf die Hänge rundherum ist nicht berauschend – Schnee ist vielleicht nur in den oberen 400 Metern vorhanden. Eine Skitour lohnt sich nicht, die Ski bleiben auch morgen im Auto.
Blick vom Gipfel des Mt. Walt auf Blacksmith Peak, li hinten der Matterhorn Peak
Der Abstieg ist mühsam – vorsichtig über die Blöcke bis zum Col, dann anstrengend über das Geröllfeld bis zum Bach, und letztlich durch Gebüsch und den steilen Wald, der schon einiges abverlangt, bis zum Upper Twin Lake. Die Alpinstiefel sind die richtigen Schuhe für dieses rauhe Gelände, aber meine Zehen mögen die Skischuhe lieber. Den Rest des Tages widme ich dem Wäsche waschen, essen, duschen, faulenzen. Die Sonne kommt raus, so trocknet auch alles schnell. Ich denke hin und wieder schon an Kolumbien.
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"Super gsi - Beginner's Mind" berichtet über Mark's Reisen und Outdoor-Aktivitäten, meist Skitouren, Bergsteigen und Bike-Touren. Mehr dazu hier...
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[…] 1-Kilometer langen Busch-Korridor. Wie man das mit Ski machen soll, frage ich mich wieder, wie beim Mt. Walt. Es gibt drei Möglichkeiten: a) der Autor war noch nie auf dieser Tour; b), der Guide ist komplett […]
[…] kurze, aber skitechnisch anständige Tour zum Mount Dana (3.980 m). Nach zwei Bergtouren-Tagen (Mt. Walt, Matterhorn Peak) endlich wieder die Bretter unter den […]
[…] Unterschied ein Wanderweg zum Busch-Walking macht, konnte ich heute sehen. Statt wie gestern am Mount Walt durch das Dickicht zu laufen, führt mich ein breiter Wanderweg bequem in das Horsecreek Valley. […]
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