Silvrettahorn: dunkel, windverblasen, von Wechten bewacht
Die Einsamkeit, die wir gesucht haben, gab es auf der Hütte nicht. Dafür interessante Gesprächspartner aus den Niederlanden. Wie sich im Laufe des Abends herausstellt, Bergsteiger von Format. Da können wir uns einiges abschauen. Wir teilen Tisch, Stube, Geschichten und das Essen. Auch wir bringen etwas von Adventure Food mit. So wird der Abend kurzweilig. Derweil pfeift der Wind draußen immer stärker, Wolken nebeln die Gipfel um uns herum und unsere Tour auf das Silvrettahorn ist fraglich.
Aufstieg zur Wiesbadener Hütte
Am Nachmittag sind wir von der Bielerhöhe (2.036 m) zur Wiesbadener Hütte (2.443 m) aufgestiegen. Die Verhältnisse hier sind erschreckend. Keine durchgehende Schneedecke. Apere Berghänge. Offene Bäche und ein offener Stausee. Der Aufstieg ist leicht und wir observieren mehr die Gegend als dass wir uns um den Weg Gedanken machen. Als wir ankommen, ist die Stube schon warm, das Wasser kocht und wir schlagen unser Lager auf.
Sturmböen über dem Ochsentaler Gletscher
Auf allen Vieren hinauf zum Silvrettahorn
Der nächste Morgen ist weniger einladend. Die Wolken geben die Bergspitzen nicht preis. Ein starker Südwind bläst uns entgegen, gegen den Windchill gewappnet starten wir zur Grünen Kuppe. Unsere Hüttenmitbewohner gehen zur Dreiländerspitze. Überall Steine, rutschige und abgeblasene Hänge. Wir finden einen Weg hinauf, dann hinunter zur ersten Traverse auf den Gletscher. Die Spalten sind teilweise offen, teilweise leicht zugedeckt. Die Querung gelingt, wir steigen steil entlang des Randgletschers zur Ebene unterhalb des Piz Buins. Die Sicht ist miserabel, aber wir wissen, wo es lang geht. Rechter Hand nehmen wir eine lange Rampe zum Sattel unterhalb des Silvrettahorns (3.244 m). Im Windschatten eines Gendarmen platzieren wir unser Skidepot. Die Kraxlerei nach oben zieht sich, ist aber nicht besonders anstrengend. Mit Pickel geht es sicher hinauf. Am Gipfelkreuz zieht es gewaltig, und wir machen, dass wir wieder herunter kommen. Erst am Skidepot gibt es endlich Mittag – Nussstollen und Tee. Und ein Blick auf den Silvrettagletscher.
Die Abfahrt wird zunächst eine reine Wegsuche. Dann unterhalb des Gletschers ein ständiges Stein-Vermeiden & Stein-Aufschlagen Spiel. Nicht wie oft wir über Steine donnern ist die Frage, sondern ob die Skikanten es überleben. Erst ab dem Snowcat-Weg zur Wiesbadener können wir es etwas laufen lassen, oder noch besser, die Felle wieder aufschnallen und um den Stausee wieder zurück eilen. Der Wind hat unsere Gesichter rot gefärbt, und die vielen Felsen Narben auf unseren Ski hinterlassen.