Hohe Wilde: Geordneter Rückzug


Der Februar ist bis dato kein Skitourenmonat. Das Bergwetter ist kritisch, und nach unserer Schesaplana-Tour hat das Meteo auf „unbeständig“ gedreht. Die erste Konsequenz: ein Langlauf-Wochenende! Ist zwar auch ok, aber Abenteuer ist was anderes.

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Blick zum Langtaler Ferner

Wir sind also in Wartestellung. Mittlerweile haben wir die Wetterdienste, Lawinenwarndienste und Berg-Info in einem Umkreis von 500 Kilometer auf unserem Radar. Am Sonntag müssen wir eine Tour im Pitztal im Whiteout abbrechen. Am Montag geht wieder nichts. Doch dann die Gelegenheit: im Ötztal soll es am Dienstag vormittag aufreißen, erst am späteren Nachmittag eine Warmfront mit viel Schneefall eintreffen. Leider ist die Lawinensituation kritisch, und so fällt die Wahl auf die Hohe Wilde, eine lange, aber recht sichere Tour von Obergurgl (1.930 m) aus.

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vor dem Gletscherbruch, links der Doppelgipfel der Hohe Wilde

Und tatsächlich, der Mond ist um 06.30 sichtbar, kaum Wolken, und wir schon über die Skipisten hoch zur Schönwieshütte. Der Einstieg zum Eiskogel ist unberührt. Von hier ist der Weg mit Holzstangen markiert, die Spur müssen wir selbst ziehen. Nach einer guten Stunde stehen wir an der Langtalereck Hütte (2.430 m). Das Wetter ist weiterhin prächtig, und wir fahren zum Talboden des Langtals ab. Der Weg ist flach, aber zieht sich ungemein. Starke Winde blasen uns Wind ins Gesicht. Irgendwann stehen wir am Langtaler Ferner, arbeiten uns zum Talschluss vor.

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kurz unter dem Skidepot

Nun stehen wir vor dem Gletscherbruch, suchen uns einen Weg durch das Spaltensystem, gehen am Seil. Alles läuft gut, auch das steile Stück hinauf zum Skidepot (auf ca. 3.300 m). Der Schnee ist hart gepresst, nicht fein zu fahren und zu steigen, aber recht sicher. Kaum haben wir die Felle von den Ski, setzt starker Schneefall ein. Wolken ziehen von Westen über den Kamm, die Sicht wird schlecht. Die letzten 100 Höhenmeter zum Nordgipfel (3.458 m) müssen wir sein lassen. Stattdessen muss es nun schnell gehen – und zwar nach unten.

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hinein ins weisse Nichts – schwierige Marschbedingungen

In wenigen Minuten ist alles bereit und wir fahren am Seil durch den steilen Gletscher ab. Im Langtal ist die Sicht mittlerweile sehr schlecht. Unsere Aufstiegsspur ist zugeschneit und verweht, wir müssen uns den Weg, den wir wieder mit den Fellen begehen, neu suchen. Da hilft es, wenn man beim Hinweg wichtige Markierpunkte im Gedächtnis behält. Auch der Gegenanstieg zur Langtalereck Hütte ist im mittlerweile tiefen Schnee mühsam. Doch die Tour ist nicht vorbei – der Weg zur Schönwieshütte verlangt in diesem Wetter alles ab – vor allem mental. Ständige Konzentration auf die Ski – die Sicht am Boden ist gleich null. Als es dunkel wird, erreichen wir die Obergurgler Pisten. Und irgendwann auch das Dorf. Die Tour ist vorbei, ein 11-Stunden Marathon, mit viel wertvollem Erfahrungsgewinn.



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