Drusenfluh: Das ist Skibergsteigen


Wir haben einen Lauf, der Schnee stimmt, und wir nützen jedes erdenkliches Wetterfenster. Daher heute: die Drusenfluh. Skitechnisch sicher einer der schwierigen Berge, die wir bis dato gemacht haben. Leider hat die Lindauer Hütte bereits alle (!) Lager und Zimmer voll, so dass wir sehr zeitig am Morgen von Latschau (1.010 m) aufbrechen müssen. Wir hätten gerne uns schon am Vorabend dem Berg angenähert. So machen wir die gesamten Meter an einem langen Vormittag, sind um 08.00 an der Lindauer Hütte (1.714 m) vorbei und ziehen Richtung Öfapass. Kein Mensch zu sehen, der Rachen zur Sulzfluh wie auch die Aufstiege zu den Drei Türmen sind leer, und auch der Einstieg in die Blodigrinne ist ohne Spur (der Wegweiser zeigt um 90° in die falsche Richtung!).

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kurz vor der Lindauer Hütte, die Sonne scheint schon auf die Drei Türme

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der Einstieg in die Blodigrinne (li)

Die erste große Überraschung des Tages: die Rinne ist nicht schneearm, eisig oder rutschig. Sie ist mit 15cm Pulver gefüllt. Die Spindrift vom Gemäuer deutet an, woher das kommt. Die erste Steilstufe ersteigen wir ohne Probleme, auch wenn wir der Schneedecke noch mißtrauen. Die zweite Stufe wird schon steiler, wir müssen aber immer noch keine Harscheisen montieren und erklimmen auch dieses Plateau. Erst in der sehr engen Rinne kurz vor dem Sattel müssen wir gute 50 Höhenmeter die Ski am Rucksack tragen und uns durch den knie-tiefen Schnee wühlen. Alles geht glatt, oberhalb der engsten Stelle sind wir schon wieder mit den Ski in Richtung Gipfelhang unterwegs. Dieser Hang ist steil, ist gute 50 m breit und wird an beiden Seiten von Steilabbrüchen markiert. Wir wagen den Durchstieg, aber das kleinste Schneebrett, welches einen hier mitnimmt, wäre fatal. Nun, wir spuren bis zu den Gipfelfelsen hinauf, errichten das Skidepot hier und nicht weiter links, da die Querung dieser letzten 50 Meter an diesem Tag ein zu hohes Risiko bedeutet. Wir lassen es mit dem Skidepot gut sein, die fehlenden 50 Höhenmeter mit Hilfe des Stahlseils vom Klettersteig zum Gipfel (2.827 m) schenken wir uns.

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die Blodigrinne ist durchgehend steil, sichere Verhältnisse ein unbedingtes Muss!

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auch der Gipfelhang ist satt steil

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Gipfelhang von oben – zur Seite die gewaltigen Abbrüche

Die Abfahrt wird zur ganz großen Nummer in diesem Winter. Zunächst sind wir etwas skeptisch, was der Gipfelhang bereit hält. Eher verhalten fahren wir diese steile Passage zum Sattel ab, merken aber, der Pulver hält und ist gewaltig. Dann geht es ruck-zuck: zuerst durch die enge Rinne, und dann über die Steilstufen. Kein Felskontakt. Kein Harsch. Leichte Lockerschneerutsche von minimalem Ausmaß. Wir setzen unsere Spuren in diese gewaltige Landschaft, sind wie auf einem anderen Stern. Ich weiss nicht, wie oft im Winter diese Tour mit solchen Verhältnissen aufwarten kann. Steigeisen, Harscheisen, Pickel – alles hätten wir zuhause lassen können. Die Drusenfluh ist jetzt für uns der Inbegriff des Skibergsteigens: steil, eng, rassig, fordernd, alpin und mit vielen Tiefblicken.

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super gsi!



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