Nepal: Ferialjob „Porter“


Nach unserem Kutschen-Tourismus in Bhutan kam der aktive Teil unserer Reise gerade recht. Nepal steht sinngleich für Bergwelt und Trekking. Für uns wie für viele andere auch. Davon konnten wir uns schon auf den ersten Metern in Kathmandu’s altem Stadtviertel überzeugen – so viele Touristen wie hier haben wir in den gesamten restlichen Wochen dieser Reise nicht erblickt. War Bangladesh das eine Extrem (mit genau null Touristen), ist Nepal fast schon ein Mallorca der Bergsteiger und Wanderer. Ausrüstungsgeschäfte mit gefälschter Markenware reihen sich Tür an Tür, Tourenanbieter haben an jeder Ecke ihr Büro, und man sieht fast mehr Bergstiefel als Sandalen.

Kathmandu hat etwas Trauriges. Es ist eine Konzentration aus Hoffnung vieler und der bitteren Realität des Alltags, der großen Chance auf Einkommen und des augenscheinlichen Versagens. Wäre da nicht die Natur, Nepal wäre ein gänzlich unrühmliches Land am Rande Indiens. So verbirgt sich hinter dem Getrampel der Besucherströme, dass das Land am Abgrund steht. Politische Machtkämpfe, wirtschaftliche Schwächen und die Ausbeutung der Natur bringen das Land an seine Grenzen. Trotz der Bewegungsfreiheit in Nepals Hauptstadt waren wir nicht unglücklich, endlich in die Berge zu entkommen. Wir hatten, um die verbleibenden Tage bestens auszunützen, eine dieser Freizeit-Agenturen mit einem Trek beauftragt und brachen mit unserem Guide in den Nordosten auf. Was wir nicht wußten, dass wir mit unserem Geld noch weiter 8 Personen bezahlt hatten – Köche, Küchenjungen und Träger.

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Einer der Träger beim Anstieg

Wir trauten unseren Augen nicht, als wir zum Startpunkt der mehrtägigen Bergtour kamen. Ein ganzer LKW an Ausrüstung und Leuten stand da, packte alles in große Bastkörbe und schwang sich diese auf die Rücken, die schwere Fracht nur mit der Stirn gehalten. Erst im laufe des Aufstiegs offenbarte sich uns das gesamt Ausmaß dieser „Expedition“ – wir hatten tatsächlich 6 Träger, 1 Koch, 1 Küchenjungen und 1 Guide dabei. Von einer schlanken Wanderung war hier nicht mehr die Rede – Großzelte, Nahrungsmittel, große Gaskartuschen – alles wurde auf den Berg getragen. Uns war nicht wohl, die Leute hatten bis zu 40 kg am Buckel, teils mit miserablen Schuhen (aka Flip-Flops) unterwegs. Die Landschaft war berauschend, doch das rückte in den Hintergrund.

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Über den Wolken

Für die Mannschaft war das natürlich nichts Abnormales, sondern ein gut bezahlter Job. Sie waren froh, den Baustellen von Kathmandu zu entkommen, wo man für rund 3 Euro am Tag Ziegeln schleppt. Sie konnten nicht begreifen, warum wir alles mögliche in unsere Rucksäcke stopften, um ihnen die Last zu minimieren. Vielleicht tat dies unserem Gewissen gut, oder auch einem sportlichen Ehrgeiz. Sei es wie es wolle, wir hatten uns mit dieser Situation arrangiert und nach den täglichen Trekking-Strecken auch beim Essen viel Spaß mit unseren Leuten gehabt. Geschichten wurden erzählt, Karten gespielt oder Träume ausgesprochen. Manche unserer Träger taten ihre Aufgabe als Ferialjob, waren sonst noch in der Schule. Erst im Laufe des Treks stellte sich heraus, dass einer von ihnen gar erst 16 Jahre alt war, und schon verheiratet. Unser Team-Baby hatte vom Ziegelschleppen ordentliche Wunden am Rücken, und als wir das sahen, gab es Trageverbot. Wir teilten die Sachen auf, aber er war zu tiefst traurig und enttäuscht.

Mit so vielen Leuten hat man auf dem Berg sehr viel Luxus. Wake-up-Tea um 7.00 am Zelteingang, heißes Wasser zum Waschen wenige Minuten später, dann ein riesiges Frühstück. Nicht zu vergessen das private Separée – unser Klo-Zelt. Zwei mal am Tag gab es warmes Essen, mehrgängig, und sehr gut. Unser Koch war ein Meister der Gaskartusche, zum Schluss gab es sogar einen gebackenen Kuchen. Wir fühlten uns hier sehr wohl, und auch unser Guide hatte ständig was zu plappern. An unserem Trekkingziel, dem heiligen See Bhairav Kund, führte er uns noch auf zwei Gipfel mit wunderschöner Aussicht auf die nepalesischen und tibetischen Höhen des Himalaya. Mehr Bilder gibt es in unserer Gallerie.

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Nichts als Natur

Der Trek war trotz seiner höchsten Höhe (rund 4.500 m) für uns einfach. Die Marschzeiten variierten von Tag zu Tag, überschritten aber nie fünf Stunden. Auch der tägliche Anstieg hielt sich in Grenzen, um die Aklimatisation richtig durchzuführen. Die Nacht auf 4.200 m im Zelt war frisch, aber ok. Gerne hätten wir mehr am Tag geleistet, und auch wenn der Trek sechs Tage gedauert hat, ich glaube, wir hätten das in 3 langen Tagen auch geschafft. Zum Abschluss gab es noch zwei Tage Raftig am Bhote Kosi, wobei die Stromschnellen einen mäßig Eindruck machten. Und schon waren wir auf dem Weg nach Kathmandu (trotz Straßenblockaden durch einen Generalstreik), später im Flieger nach München. Schneller als gedacht und viel zu früh waren wir wieder in Europa. Die nächsten Skitouren konnten kommen!


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