Dhaka: Which country?
Die Einfahrt nach Dhaka war von apokalyptischer Gestalt. Das Land war dunkel, nicht pech-schwarz, eher bräunlich und schattenhaft, mit fahlem Licht und Dunst, offenen Feuern links und rechts der Straße, ein Fluß aus Schweinwerfern der langen Fahrzeugkolonnen, die sich auf einer engen Straße in die Hauptstadt quälten. Stoßstange an Stoßstange, dazwischen Menschen, links, rechts und überall, Karren, Fahrräder und Rickschaws. Ein Durcheinander, in dem man leicht verloren gehen hätte können.
Die wohl einzige bauliche Sehenswürdigkeit in Dhaka – ein Fort.
Die Kolonne kam irgendwann am Zielort an, nicht unterscheidbar ob richtig oder falsch, jedenfalls blieb der Bus stehen, mitten im Getümmel dieser lauten und lebhaften Metropolis. Der Lärm hörte erst auf, nach dem wir unsere Hoteltüre dankbar hinter uns geschlossen hatten. Ein Eiland, welches wir in den nächsten Stunden immer wieder gerne aufsuchen würden.
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Frisch und nicht dreckig – Kokosnussmilch
Dhaka ist am besten als ein Gewirr aus Straßen zu bezeichnen. Orientierung ist möglich, aber ohne die typischen Hilfsmittel aus Straßenschild und Richtungsweiser. Man bewegt sich am besten von Bezirk zu Bezirk, und das ist wohl das einzige, was Rickshaw-Fahrer verstehen. Sehenswürdigkeiten gibt es hier nicht viele, also kann man sich die Suche rasch ersparen – ein Fort, ein Park, das war’s auch schon. Das Interessante sind nicht die einzelnen Objekte, sondern die Gesamtkreationen wie die alte Stadt mit seinem Bazar oder das Leben am Fluss.
Kurzvisite auf einem Raddampfer, dem Rocket
Der Bazar ist nichts für Klaustrophobe. Aber für Schnäppchenjäger. Das, was bei uns im H&M über den Tresen geht, bekommt man hier nochmals um das 10fache günstiger. Die Haltbarkeit der Ware ist allerdings entsprechend. Wer also kurzfristig frische Wäsche braucht für den Urlaubstrip, ist hier gut bedient. Die Sträßchen und Gassen um den Bazar sind auch ein Erlebnis. Wohl eher wegen der Fahrkunst der Rickshaw-Fahrer, die auch im Gegenverkehr irgendwie durch die schmalste Pforte hindurch finden. Der Lärm ist unglaublich, das Gehupe und Geschrei, die dichte Luft, die vielen Gesichter, der Müll auf dem Boden, die zentimeterhohen Blutlachen, welche aus den Schlachtecken fließen.
Eine fast schon entspannte Straßenszene aus Old Dhaka
Der Verkehr hier ist wirklich eine Faszination und ein Ärgernis der Stufe 10 zugleich. Dhaka ist für mich die ultimative Stau-Stadt, die Jam-City per se. Hier sitzt man stundenlang im Stau, der Fußweg zwischen den Fahrzeugen ist die schnellste Art von A nach B zu kommen. Oder man bedient sich des Wassers und nimmt ein Boot, um flussauf oder -ab zu fahren. Da ist zwar auch viel los, aber man kommt voran. An den beiden Ufern sprudelt es nur so von Aktivität, Waren werden verladen, in kleinere Einheiten verpackt, mit Ruderbooten weitertransportiert, Menschen von der einen Seite auf die andere gebracht. Dazwischen pflügen schwere Lastkähne das Wasser um. Noch ein Hinweis für jene, die gerne mit dem Rocket von Dhaka nach Mongla / Kulna in die Sundarbarns fahren wollen: die Fähre geht nur Montags und Donnerstags! Tickets kann man nicht online besorgen, aber über einen lokalen Travel Agent könnte es klappen. Rakib kann euch hierbei weiterhelfen: www.westernholiday.org
Gerudert wird rund um die Uhr, von einem Ufer zum anderen
Abseits des Verkehrs ist Dhaka keineswegs anders als der Rest des Landes. Die Menschen hier sind neugierig auf die Exoten, staunen, schauen, machen Fotos. Wie wir auch. Und dann immer die gleichen Fragen, die uns schon in unseren Träumen verfolgen: Which country? Are you brother and sister? Die erste Frage war stets schnell beantwortet, aber selten richtig verstanden. Nein, nicht Australien. Das ging dann öfters so, bis es klar wurde, dass es sich um Europa handelt. Die zweite Frage war verblüffend, aber offensichtlich normal in Bangladesh, denn Mann und Frau halten sich nur dann die Hand oder gehen gemeinsam auf die Straße, wenn sie miteinander verwandt, aber nicht verheiratet sind. Was weiß ich, auf jeden Fall musste ich einigen Leuten klar machen, dass meine Begleting mit niemandem ausgeht als mit mir und zeigte dabei auf meinen Ehering. Das und mein Vollbart schreckte dann wohl alle ab. Und wir machten uns auf den Weg nach Kalkutta, mit gemischten Gefühlen und doch einer gewissen Erleichterung, dem Chaos der Jam-City Dhaka zu entrücken.
Das Wasser ist ein effizienter Transportweg
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