White out am Chilchalphorn
Wir wußten, dass am Sonntag das Wetter umschlagen würde (am Schollenhorn war es perfekt gewesen!). Wir hofften, dass es sich ausgehen könnte. Wir liebäugelten mit einem schnellen Aufstieg, bevor die Wolken über den San Bernandino die Berge einhüllen würden. Aber die Wolken waren schneller da als erwartet.
So starten wir schon von Nufenen mit dem Auto nach Hinterrhein mit einem kritischen Blick nach oben: viele Wolkenfelder, die die höchsten Gipfeln auf der Südseite des Tals schon eingefangen hatten. Unser Ziel, das Chilchalphorn (3. 039 m), war auch schon verschleiert.
Von Hinterrhein (1.612 m), ein verschlafenes Nest kurz vor dem Eingang in den San Bernandino Tunnel, liefen wir als erste des Tages in die ersten Hänge hinein und kamen aufgrund des eisigen Untergrundes sehr langsam und mühsam voran. Von einer Spur keine Rede, und wenn wir wieder mal eine kreuzten, dann suchten wir doch bald eine eigene: zu eisig.
Über eisige Hänge ging es nach oben, und damit in den Nebel
Nach relativ langem Aufstieg erreichten wir endlich die Chilchalp (2.082 m), die beinahe völlig eingeschneit war. Ein Dach ragte noch wenige Zentimeter aus dem Schnee, genug, um uns als Orientierungshilfe zu dienen. Ansonsten waren wir auf unser Gefühl und die Karte aus dem Skitourenführer angewiesen. Die Sicht war mittlerweile so schlecht, dass wir keine Spuranlage mehr fanden. Es war beinahe wie am Stockberg vor rund einer Woche.
Nun wurde der Berg richtig steil und wir haderten mit der Sicht. Für zehn Sekunden öffnete sich der Wolkenhimmel, die Sonne schien und gab plötzlich alles preis: alle Hügel, alle Wächten, und die einzige Spur, die auf unser Tourenziel führte: rund 50 Höhenmeter unter uns in einer anderen Richtung. Schnell ging es auf die Spur zu, der Himmel schloss sich und damit die Sicht. Die wurde so übel, dass ich einmal einen Meter vor einer meterhohen Wächte zum Stehen kam – ich hatte kein Gefühl mehr für Höhe und Tiefe. Wir hatten Glück, dass ein anderer Skitourengeher hoch kam und uns den Weg wies. Es ging also noch gute Meter hinauf, vorbei an Felsvorsprüngen, Mulden und einigen netten Hängen. Doch bei 2.400 m war heute einfach Schluss: die Wolken kamen in dieser Höhe in unseren Hang hinein und hüllten alles in dichten Nebel. Völlige Orientierungslosigkeit, so dass wir unsere Felle abnahmen und wieder zur Chilchalp abfuhren.
Auf der anderen Talseite – das Einshorn
Die Abfahrt war sehr hart, doch wir hatten auch etwas zum Staunen: ein ganzer Bus italienischer Skitouren-Touristen kamen den Hang hoch. Teils schon abgekämpft, teils lustig drauf. Die wußten nicht, was da noch auf sie zu kam. Oder es waren Hasardeure. Oder sie wußten etwas, was wir nicht wußten – dass sie die Sonne vielleicht mit brachten. Wie auch immer, die Sonne kam nicht mehr, und die Wolken wurden nicht weniger.
Unser Guide für diese Tour: Schitourenatlas Schweiz Ost