Bradford und die Fabriken des Sir Titus Salt

Der Tag, der mit Zweifel in Blackpool begonnen hatte, wechselte zunehmend zum Besseren. Bradford war eine sehr angenehme, lebendige Stadt. Dass die Sonne nun endgültig die Oberhand gewonnen hatte, tat ein übriges. Die Straßen waren voll von Leuten, jung und alt, am bummeln und Eis essen. Die Innenstadt mit ihren Fußgängerzonen quoll über, und hier und dort spielte Live-Musik. Ich fiel nicht mehr auf.

Ausschnitt aus Bradford’s Stadtbild

Eine gute Stunde später hatte ich im Norden der Stadt in Shipley Quartier bezogen. Ein überraschend schönes Zimmer, ein paar Gehminuten vom Weltkulturerbe der Stadt entfernt: die Wollfabriken in Saltaire, erbaut und betrieben von der Lokalgröße Sir Titus Salt. Inklusive Arbeitersiedlungen.
Das ist wieder so eine typische Geschichte dieser Gegend, wie schon in Liverpool und Blackpool gesehen: der Glanz und die Macht des Vergangenen ist in baulicher Form noch vorhanden, und wird anderweitig genutzt und verwendet. Die Mühlen in Saltaire sind da eine Ausnahme, da sie als Freilichtmuseum herhalten, andererseits immer noch zu gewerblichen Zwecken genutzt werden (aber auch eine Kunstgalerie gibt’s dort). Revitalisierung nennt man das. Ich glaube, das ist ein Kulturkonzept, dass alle Industrienationen in der einen oder anderen Form leben: aus dem Verfallenen eine neue Nische definieren, die Zukunft verspricht und Glorie wiederherstellt. Statt Stahl, Wolle und Maschinen sind das jetzt Kunst, Sport, Glücksspiel oder Gesundheit. Nicht einfach, wenn man der Zwanzigste ist, der auf diese Idee kommt.

Die Fabriken von Saltaire am Liverpool-Leeds Kanal

Zum ersten Mal habe ich das Gefühl, es gibt auch Ecken in England, an denen ich es mehr als zwei Tage aushalten könnte. Das ist so eine. Die Landschaft ist kupierter, hat endlich so etwas wie flache Hügel. Eine interessante Gegend fürs Adventure Racing, in der Tat.