Alles mal Zwei, nur die Schüsse nicht


Müde, schläfrig ging es von San José mit dem Bus hinab zur pazifischen Küste. Eine kurze Fahrt, verglichen mit dem langen Flug, eine Fahrt aus dem dunkeln San José, das wir mitten in der Nacht betreten und beim ersten Sonnenlicht wieder verlassen hatten.

Wir hatten schon gehört, man solle aufpassen. Und wir hatten gehört, sich nicht unbedingt in leere Straßen zu wagen. Wir waren vorsichtig, und ein freundlicher Mensch am Busbahnhof hat uns in die noch zugesperrte Wartehalle gelassen.

Erst im Bus machte ich mir Gedanken, wie wir zur Fähre kommen, und zu welcher, und wie dann weiter. Entlang grüner Landschaften und Hügeln, in Nebeln steckender Berggipfel und neben einer schlafenden Mitreisenden, deren Kopf ich in meinen Händen hielt, deren Beine sich in den Gang hinaus streckten, ja entlang all dieser zwei Stunden zügigen Fahrens und Hupens dachte ich daran, wie schön es hier eigentlich ist.

Als ich sie dann wecken und wir aussteigen mussten, in die Hitze von Puntarenas, einem kleinen Hafenstädtchen, da waren wir nicht allein. Endstation, alle quollen aus den Sitzen in die Straße, und alle wollten zum Meer, zur Fähre nach Paquera, auf die andere Seite des Golfs.

Wir verabschiedeten uns schnell von dem Haufen unwissender Fahrgäste, wo es den Taxis, geschweige denn die Fähre gäbe. Zwei Straßen weiter hielten wir schon eines der begehrten Fahrzeuge auf, in weiteren zwei Minuten waren wir am Ticketschalter für die Fähre, und kauften wiederum zwei Tickets für die Überfahrt.

Die zweihundert Meter zum rostig-schweren Kahn führten über unbefestigten, plattgewalzten Lehmboden, der sich bei jeden Regenguss in eine Schlammlache größten Ausmaßes verwandeln würde. Wir blickten nochmals zurück auf eine Stadt, die wir nur im Vorbeifahren geschmeckt hatten. Nichts hielt uns hier. Die niedrigen Gebäude waren schäbig, die kleinen Snack-Läden wenig einladend, und überhaupt schien alles kurz vor Mittag zu schlafen oder schläfrig dreinzusehen.

Wir schoben unsere zwei Rucksäcke (schon wieder die Zahl „2“!) und suchten uns ein Plätzchen mit Fahrtwind, wobei sie wieder nur nach der Sonne trachtete, mir hingegen das völlig wurscht war, weil a) ich sowieso keine Sonnencreme zur Hand hatte, und b) wir in den nächsten zwei (ach, schon wieder) Wochen mehr als genug UV abbekommen würden. Diese 2 (nein, gibt’s das?) Argumente wurden weggewischt, und der Kahn fuhr bald drauf los, wir sahen Pelikane, mehr als zwei, und dann nach einiger Zeit schon das andere Ufer, das wir dann aber lange noch entlang fahren sollten.

Die Stimmung war entspannt, und jeder schien froh, dass die Fahrt (seine/ihre Fahrt) weiter ging, auch die Zwillinge (hier steckt die Zahl „2“ doppelt drin), die in einem der abgestellten Autos spielten. Alles lief ruhig, alles war entspannt, wie die nächsten zwei Wochen.

Tage später bekamen wir im Camp neuen Besuch. Auch sie waren in Puntarenas gestanden, hatten auf die Fähre gewartet. Auch sie hatten 2 Tickets gekauft, auch 2 Rucksäcke gehabt, auch 2 Stunden von San José ans Meer gebraucht. Die Schlange am Ticketschalter war nicht lang, und als sie schon dran waren, da fielen Schüße, nein, nicht zwei, sondern mehrere, und ein Mann fiel hinter ihnen um, blieb für immer liegen in seiner Blutlache. Schüsse halten erneut, und zwei weitere Männer blieben verletzt zurück.

Wie aus dem Nichts, und schon wieder vorbei. Die Schlange hatte sich während jener Sekunden nicht aufgelöst, nur die Köpfe hatten sich nach hinten gedreht. Es war Mittag, und irgendwie schien hier jeder schläfrig.


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