Die Stadt der Gegensätze: Rio de Janeiro, Teil 2
Wenden wir uns also ab vom Maroden und Gewalttätigen (Teil 1), das Rio de Janeiro im Griff zu haben scheint, betrachten wir jene Aspekte dieser Stadt, die es wert sind, auf einer Weltreise einen Abstecher an diesen Ort zu machen.
Das Auffälligste auf dem Weg in die Stadt ist ihre stark gegliederte Topographie, ein Nest aus spitzen Hügeln, kleinen Buchten und vollständig betonierten Zwischenflächen, die zumeist über schwindlige Strassen oder unbeleuchtete Tunnels erreichbar sind. Es ist in der Tat ein Gewirr aus Verkehr, aus Abgasen und Straßenschildern, das gleichzeitig Ehrfurcht lehrt und Grazie ausstrahlt. Es erinnert mich an frühe Kindheitstage an einem feinen Sandstrand. Ich hatte dort die perfekte Sandstadt-Architektur verwirklicht, mit Toren und Brücken, mit Wällen und Parks, mit Häusern und Matchbox-Autos. Ja, so sieht Rio de Janeiro eigentlich aus. Mitten aus dem Nichts ein Felsen da, ein Felsen dort, hundert Meter hoch, ohne Hilfsmittel für den Normalsterblichen nicht zu erklimmen, auch dann nicht, wenn man wollte, denn die Aussicht von da oben müsste grandios sein.
Hier fängt es an, ein Kribbeln, eine sich entwickelnde Sympathie für diese Stadt. Die Hügelspitzen ragen aus diesem Häusermeer heraus, sie sind so ruhig, strahlen eine Sicherheit aus, die es in den Tiefen der Straßenschluchten einfach nicht gibt. Es ist für mich nicht zu sagen, ob Menschen in Rio von diesen Plätzen träumen oder sie verabscheuen oder einfach nur wahrnehmen oder schlicht ignorieren.
Es kommt nicht von ungefähr, dass gerade einer dieser Hügel, ein eigentlich kleiner, ein markantes Wahrzeichen geworden ist, der Zuckerhut. Die Form des Felsens ist typisch für diese Gegend, und was mich noch mehr fasziniert hat, das waren die Buchten, die in dieser Stadt seine Hügel umgaben. Überall Buchten, überall Wasser, und das in dieser Schwüle, das schien mir ein großartiges Geschenk der Natur an diese Menschen. Aber davon lebt ja die Werbung – billig reisen nach Rio, Karneval und Copacabana, Atlantik und Exotik – und sie hat uns hierher gebracht, ob wir es wollen oder nicht.
Wir stehen also da, einmal südlich, einmal nördlich des Zuckerhuts, und eigentlich sitzen wir, mit den Füßen im Sand, mit dem Kopf in der Hitze, mit dem Geist vielleicht noch in Europa, weil wir noch nicht verstanden haben, ob das nun wahr ist oder doch nur Einbildung, ein letzter Rest von Werbung, den man uns eingetrichtert hat. Wir sitzen da und staunen, staunen über uns selbst, dass wir hier sind. Es ist dermaßen schön, dass es unwirklich wirkt, als wären wir auf einer Postkartenszenerie gelandet. Das hat was für sich, denn das hatte ich mich schon öfters gefragt: Wie kommt man eigentlich auf eine Postkarte? In Rio de Janeiro ist das sehr einfach, man verweilt eine Weile unterhalb des Zuckerhuts.
Mehr Infos zu Brasilien findet sich in dieser Reiseführer-Übersicht.
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