Helsinki: Wasser überall
Das Warten auf den Winter hat mit der Überfahrt von Tallinn nach Helsinki begonnen. Die See rau, der Regen heftig, die Luft kühl. Die Wollmütze musste her, ein untrügerisches Zeichen, dass die Tage kürzer und die ersten Seen Finnlands in zwei Monaten gefroren sein werden. Wieder an Land weht mich der Wind von der einen auf die andere Straßenseite, die Hose ist nass und die Kapuze längst übergezogen. Nach vierzig Minuten mit den Öffis klopfe ich bei Jussi an, Journalist und Outdoor-Mensch. In seiner Stube ist es wohlig warm, das Licht gedämpft. In dicken Socken steht er an seinem Hochtisch und arbeitet an einem Artikel, bevor ich mir neugierig seine Ausrüstung zeigen und erklären lasse – Seekajakfahrer, Orientierungsläufer, passionierter Schlittschuhläufer. Und sonst noch einiges.
Ein Sturmtief sorgt für eine unruhige See
Der nächste Morgen, ein Bilderbuchtag aus dem Herbst. Klare, kalte Luft und warmer Sonnenschein lassen mich auf dem Weg in die Stadt tief durchatmen. Der Spaziergang durch die Wälder und Schilfgürtel, entlang der Küste und von Kanälen lässt nicht erahnen, dass diese große Stadt nur wenige Kilometer entfernt auf mich wartet.
Die Stadt ähnelt in seiner Anlage vielen anderen Nord- und Osteuropäischen Städten – gerade Straßen und großzügige Parks. Ähnlich wie in Stockholm dominiert das Wasser das Bild. Überall Landungsstege, Boote, Seevögel, das Plätschern der Wellen und das Fauchen des Windes, Tümpel und Brücken, Seen und das Meer, der Fischmarkt, Ausflugsboote und Jogger, die sich zwischen den wenigen Einheimischen und den Touristenscharen zwängen. Ich mache mich rar, schlendere unauffällig durch die Gassen – Jussi hat mich auf die Stadttour gut vorbereitet – und mit der App der Verkehrsbetriebe ergattere ich günstige Tickets und Fahrtvorschläge.
auf der Überfahrt nach Suomenlinna
Das Wasser habe ich ständig zu meiner Seite oder unter mir. Mit der Fähre geht es nach Suomenlinna, einer ehemaligen Marinebasis, die bereits die Schweden befestigt und mit einem Trockendock für ihr finnisches Geschwader ausgestattet haben. Die Mauern sind beeindruckend, das Festungskonzept ausgetüfftelt, die Bunker und Stellungen noch gut erhalten. Heute ist Suomenlinna zum großen Teil ein Freiluftmuseum, aber auch eine bewohnte Insel mit einem kleinen Markt, Cafés und schmucken Holzhäusern auf gepflegtem Rasen. Jussi hat dort seine Kindheit verbracht.
Der Tag artet wieder einmal in einen Gewaltmarsch aus. Ich umkurve die Stadt nach Norden entlang des Töölönlahti – wenn es etwas gibt, was mir in Finnland schwer fällt, dann die Aussprache von Ortsnamen! – erkunde Puu-Vallila und kehre entlang der kleinen Insel Kulosaari wieder in die Vorstadt Roihuvuori zurück. Ein prächtiger Ausflug, der mir einen weiteren Unterschied zu den Balten liefert: die Finnen lächeln, wenn auch zaghaft.
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Reisen und die Natur, inklusive Skitouren, Bergsteigen und Wanderungen, das sind die Inhalte meines Blogs "Super gsi - Beginner's Mind". Mehr dazu hier...
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