Esfahan: die dritte Seite
Waren in Yazd die engen Gassen der Altstadt das Labyrinth, das ich liebte, in Shiraz die Autokolonnen auf den Champs-Élysées, sind es in Esfahan die Gänge des Bazars, die scheinbar unendlich in viele Richtungen verzweigen. Hier ist die Hitze erträglich, nicht sichtbar, nicht wie draussen, wo die Krähen ihre Schnäbel weit offen halten und der Fluss schon seit Wochen oder Monaten kein Wasser gesehen hat.
Das Netz aus Gängen ist unterteilt, eine Gasse für die Damenmode, eine Gasse für die Kesselflicker, dann eine für die Goldschmiede und eine für die Teppichhändler. Ich habe alle Zeit der Welt. Niemand zieht mich in seinen Laden, kein Motorradfahrer fährt mich über den Haufen. Die Geschäfte sind voll und ich bin mir nicht sicher, wieviel davon jemals umgeschlagen wird.
Draussen unter freiem Himmel ist der Lärm der Straße – das Gehupe, die Rufe, die Motoren – erträglich. Eine Gruppe Schüler sitzt in einer Moschee und bekommt Unterweisungen, Frauen in schwarzer Kleidung essen Eis, ältere Männer palavern im Teehaus und ziehen an der Wasserpfeife. Die Schattenplätze am Rasenstreifen entlang des trockenen Flussbettes sind beliebt, Schatten spendende Parks gern gesehen. Kleinmotorräder rauschen auf dem Gehsteig vorbei, das Knattern warnt mich. Meine mehrstündige Runde endet bei einem Obsthändler, dem ich Nektarinen und eine Zuckermelone abnehme.
Im kleinen Gästehaus in einem traditionellen Viertel pflücken wir Feigen vom Baum. Die Sonne ist dem Abend gewichen, die Hausgäste sitzen alle noch draussen. Wir sind zu dritt und schweifen in langen Gesprächen in den Nachthimmel hinaus – von den Schätzen, die Iran zu bieten hat, zu den kulinarischen Genüssen, die in Europa auf der Karte stehen. Überall sehe ich Variationen. Etwas später, es ist kurz vor Mitternacht, verlassen Hajar, die Hauschefin, Mohammad (ihr Mann), ihre beiden Freunde und ich eines der beliebtesten Lokale der Stadt, ein Mini-Format von Disney World, laufen hinüber zu einem Park und machen ein Picknick bis zwei Uhr morgens. Wozu ist der Sommer da?
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Reisen und die Natur, inklusive Skitouren, Bergsteigen und Wanderungen, das sind die Inhalte meines Blogs "Super gsi - Beginner's Mind". Mehr dazu hier...
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[…] öffnen mir ihre Wohnung. Ich begrüße auch Siayvash’ Eltern, die gerade auf Besuch aus Esfahan sind. Wie überall im Iran sind wir schnell Freunde, die Gastfreundschaft ist Weltklasse. Während […]
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