Damavand: Nordroute
Der Koloss ragt in den Wolkenhimmel. Die Spitze sehen wir bei unserer Ankunft in Nandal nicht. Aber der mächtige Aufbau lässt keine Zweifel zu – der Damavand ist ein prächtiger Berg, der uns Mühe kosten wird, trotz guter Akklimatisation am Alam-Kuh.
Wir kommen von Chalus mit einem Taxi. Die Busverbindungen sind schlecht, und die Fahrt hinauf nach Nandal mit den Öffis scheint ungewiss. Wir setzen auf die sichere Karte, obwohl es – wie wir bei unserer Rückkehr nach Teheran sehen werden – Busse und andere Möglichkeiten der motorisierten Vorwärtsbewegung gibt. In Nandal verzichten wir auf den überteuerten Jeep-Transport zum Fuß der Nordroute, kaufen unser Permit bei einem kleinen Markt (50 US$ pro Nase) und laufen die zehn Kilometer entlang einer staubigen Straße, um mittendrin von einer Familie in ihrem Pickup mitgenommen zu werden. Fast schon klar, dass wir zum Mittagessen in ihrem Landhäuschen eingeladen werden.
Die Nacht am Einstieg zum Nordroute ist kurz und laut, ein Kommen und Gehen von Hirten, Wandergruppen und sonstigen Fahrzeugen. Der nächste Morgen bietet erstmals freie Sicht auf den Berg, ein Trost auf dem sandigen, heißen Aufstieg zur ersten Schutzhütte auf 4.000 m. Wir sind nicht die einzigen auf der kleinen Schulter und im Laufe des Tages sind alle Schlaf- und Zeltplätze belegt. Maulesel bringen Gepäck nach oben und viele erreichen erst spät und in einem Gewitter das Lager. An Schlaf ist nicht zu denken, wir vertreiben uns die Zeit mit der Wasseraufbereitung: mit Tassen fangen wir das Regenwasser auf und steuern es den begrenzten Vorräten zu. Eine Quelle existiert hier nicht und macht uns sparsam.
Der Gipfeltag ist einfach gestrickt: entlang der Route hinauf zum Krater, dann Abstieg bis fast nach Nandal. Um drei stehen wir auf, um viertel vor fünf stehen wir vor dem oberen Camp 5000. Der Höhenmesser zeigt, das Lager liegt weit tiefer, auf 4.650 m. Im beginnenden Morgengrauen erreichen wir die Schneegrenze, die Sonne wärmt die etwas steifen Finger und Arme. Die Luft wird nun dünn, die Schritte langsam und kurz. Ich muss immer wieder pausieren, manchmal wenige Sekunden, manchmal eine halbe Minute. Michael scheint die Höhe nichts auszumachen, er langweilt sich hinter mir. Es werden lange Meter, aber irgendwann ist das letzte Schneefeld erreicht, wir blicken uns an und wissen, das ist nurmehr Formsache.
Vom Kraterrand sehen wir bis nach Nandal, die Handschuhe sind im Rucksack. Gegen Westen zeigt der Himmel eine Smogglocke. Schwefelsäulen wehen von der Südseite des Damavand zu uns hinüber, aber das ist alles nicht mehr wichtig. Wir haben den Gipfel kurz für uns allein, bevor die ersten von der Südroute erscheinen. Wir halten uns nicht lange auf, rauschen nun hinab, um bei jeder Gruppe, der wir begegnen, anzuhalten und zu plaudern. Les Autrichiens!
Der Tag wird lang, der Abstieg mühsam, am 4000er Camp packen wir das Zelt und die Schlafsäcke ein, wandern quer durch die Prärie bis zu einer kleinen Siedlung gegenüber von Nandal. Irgendwo in der Straße eines Dorfes auf dem Boden zu sitzen würde bei uns vielleicht die Polizei auf den Plan rufen, hier aber werden wir vom ersten Dorfbewohner, der uns wahrnimmt, in sein Haus gebeten. Tee und Essen. Wir könnten nicht dankbarer sein.
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Reisen und die Natur, inklusive Skitouren, Bergsteigen und Wanderungen, das sind die Inhalte meines Blogs "Super gsi - Beginner's Mind". Mehr dazu hier...
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[…] liegen wir faul an einem Gletschersee, der etwa eine Gehstunde oberhalb des Zeltlagers liegt. Das ist die angenehme Seite der Akklimatisation für den Damavand. Das Wasser ist eiskalt, ein Tauchgang geht sich dennoch aus – die Sonne brennt auf uns herab […]
[…] auf dem Weg zum Siah Sang (4.604 m). Der Gletscher ist längst in den Untergrund gegangen. Wir fühlen uns fit, unsere Körper haben sich mittlerweile an die Höhe angepasst. Ein steiler, loser Geröllhang benötigt etwas Aufmerksamkeit, dann sind wir auf einem Hochplateau […]
[…] uns auf den Lashgarak (4.320 m) und ist, wie die gesamte Woche hier, nur auf ein Ziel ausgerichtet: die Nordroute des Damavand. Akklimatisation ist mühsam, aber auf dieser Hochebene mindestens genauso schön und aufregend. […]
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