Erbil: A hot summer night
Das Flugzeug setzt hart auf, Leute klatschen. Eine Tortur geht zu Ende. Eng bestuhlt, bis auf den letzten Platz besetzt, Lärm. Ein Kleinkind klingt wie eine sterbende Krähe, ein anderes wie ein Luftballon, der langsam seine Luft verliert. Hitze, Enge, übernächtigt.
Eine neue Reise beginnt, oder setzt sich nur fort – ich hatte eine kurze Pause in Österreich eingelegt. Der Grenzbeamte in Erbil fertigt mich in dreissig Sekunden ab. Visa on Arrival. Kein Foto, keine Visagebühr, kein Formular zum Ausfüllen, gar nichts. Mein Pass und der Scan meines rechten Daumens, das ist alles. Dabei hatte ich sogar etwas Glück: der Flughafen ist erst seit wenigen Wochen offen. Die Zentralregierung in Bagdad hat den Kurden als Antwort auf ihr Unabhängigkeitsreferendum auf die Finger geklopft.
Ich trete aus dem Gebäude, es ist 02.30 morgens, die Hitze erschlägt mich. Ammar holt mich ab. Wir fahren durch die nicht verwaisten Straßen der Außenbezirke, halten, um einen Happen vor einer Straßenküche zu erhaschen. Ich weiss nicht, wie ich mir Erbil vorgestellt habe. Ich beschließe, es ähnelt jeder anderen Großstadt im Nahen Osten: Löcher im Asphalt, dicke Autos, heiße Luft und ein Hauch Abenteuer. Am nächsten Morgen, ausgeschlafen und hungrig, ergänze ich: große Shopping-Malls, dichter Verkehr, schnatternde Teenager. Um alles herum schwirrt eine Armee aus Hilfsarbeitern, die mit stundenlanger Arbeit wenige Dollar verdienen. Bei 45° C.
Ammar ist ein Glücksgriff. Wir verstehen uns auf Anhieb, ich komme bei ihm unter. Ein Hansdampf in allen Gassen, geschäftstüchtig und gut vernetzt. Vom 12. Stockwerk einer sehr neuen und wohlhabenden Anlage überblicke ich die Stadt vom Westen: ein Häusermeer aus fertigen und unfertigen Gebäuden, breiten Verkehrsadern, Dunst und Staub in alle Richtungen. Eine Welt im Aufbruch.
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Reisen und die Natur, inklusive Skitouren, Bergsteigen und Wanderungen, das sind die Inhalte meines Blogs "Super gsi - Beginner's Mind". Mehr dazu hier...
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