Tirana: Fassaden und Putz
Die Hauptstadt Albaniens pulsiert an diesem Sonntag Nachmittag. Ich weiss nicht, ob das immer der Fall ist, aber ich wüßte nicht, was es von einem gewöhnlichen Wochentag unterscheidet: die Busse fahren in einer hohen Frequenz, die Läden sind offen, die Bauarbeiter hämmern an den Wänden. Düster dreinblickende Polizisten bewegen sich einzeln und in Uniform auf den Gehsteigen, Pärchen und Gruppen flanieren Arm in Arm, herausgeputzt und parfümiert, Kinder tollen dazwischen. Frühling bricht an in Tirana, aber für mich sind die Temparaturen schon längst der Sommer.
Ich muss schmunzeln, fährt doch gerade ein ausrangierter Bus der Wiener Linien an mir vorbei. Die viertstellige Fahrzeugnummer ist noch zu erkennen. Dahinter desolate Hausfassaden, die von Leuchtreklame und Plakaten aufgepeppt werden. Der Versuch, modern, neu-modisch zu sein, irgendeinem Vorbild zu folgen, ist offensichtlich. Ein Anflug von Traurigkeit überkommt mich, nun werden die Bettler und Verlierer in den Straßen sichtbar, und jene, die ihren Reichtum zur Schau stellen, denn dieses zur Schau stellen macht sie erst zu etwas Besonderem in den Augen der vielen anderen, die durch die Straßen schlendern und ihne Blicke zuwerfen.
In wenigen Minuten kommt mein Bus. Es geht nach Elbasan, wo mich Gaetan und Sandra abholen werden, es geht weiter in die Berge in ihr Berghaus. Ich besorge mir noch ein lecker aussehenden Kuchen von nebenan, praktisch umsonst, und schaue zurück auf meinen albanischen Roadrip, der mich über Valbona, Llogara, Gjipe und die Meereslagunen in Divjake-Karavaster nach Tirana geführt hat. Einfach großartig.
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Reisen und die Natur, inklusive Skitouren, Bergsteigen und Wanderungen, das sind die Inhalte meines Blogs "Super gsi - Beginner's Mind". Mehr dazu hier...
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[…] der gängige Männertyp “Tschetschene” und die Liebe zu Mercedes-Limousinen wie in Tirana. Die Fussgängerzone könnte aus jeder mitteleuropäischen Stadt kommen und die westlichen Ketten […]
[…] Mein Tag beginnt spät. Draussen ist es hell, das Haus ist ruhig, ich blicke aus dem Fenster in den Garten. Blauer Himmel, Vögel zwitschern, die blühenden Bäume wiegen sich leicht im Wind. Die Welt in den Bergen um Qerret ist eine ruhige, abgeschiedene. Kein Verkehr und kein Lärm, höchstens das Gackern der Hennen und ein Traktor in der Ferne, und das ist schon alles, nicht weil es Sonntag ist, sondern tiefste albanische Provinz. Tirana ist weit weg. […]
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