Treis Elies: Bitcoins und venetianische Brücken
Treis Elies macht einen verschlafenen Eindruck. Eine Straße, zwei Dutzend Häuser, noch etwas im Winterschlaf. Eine ältere Dame mit schwarzen Haaren und in schwarzer Kleidung schleppt eine Einkaufstasche langsam zu einem Hauseingang. Ein älterer Mann im Tarnanzug und mit Drei-Tage-Bart repariert etwas an seinem Auto. Am Himmel stehen dunkle Wolken und die meisten Bäume haben noch keine Blätter. Wir essen bei einem ungarisch-zypriotisch/englischen Pärchen auf deren Veranda mit Blick über die Straße und das Tal. Beide sind recht jung und etwas zu schlank, haben zwei kleine, blonde Kinder, die wenig scheu um uns herum spielen. Nach wenigen Minuten Gespräch wird klar: die beiden sind Systemgegner. Oder wie sagt man zu jenen, die von der zypriotischen Bankkrise fast in die Tiefe gerissen wurden wie so viele andere auf der Insel. Sie geben sich kämpferisch, wollen ihre Ideale von einer besseren Welt nicht schweigend aufgeben. Sie versuchen Gleichgesinnte in das Dorf zu locken und ihnen ein Leben in einer harmonischen Atmosphäre schmackhaft zu machen. Verlockend. Das Essen ist vegan und bio, der selbstgemachte Wein schmeckt nach Essig und er handelt mit Bitcoins.
Am Tisch sage ich nicht viel und später, als wir das Dorf verlassen und über einen Pfad zu den sehr alten venetianischen Brücken wandern, greift das Feuer einer Gleichgesinnten-Kommune in den zypriotischen Bergen auf mich nicht über. Der Weg hingegen gefällt mir auf Anhieb und die Bewegung tut mir unheimlich gut, auch wenn es nur knappe zwei Stunden sind. Der Pfad schlängelt sich durch Kiefer- und Laubwälder entlang eines kleinen, aber rauschenden Baches, die Landschaft ist grün und braun. Dazwischen kommen wir immer wieder an gepflegten Terrassengärten vorbei, die Mandelbäume blühen auch hier weiß, doch die Weinreben in Zwergengröße zeigen noch keine Blätter. Kleine Brunnen und Wasserleitungen bewässern die winzigen Felder.
Im Dunkeln kommen wir zur letzten Brücke. Sie ist die größte und prächtigste von allen. Ein Fotoshooting, offensichtlich für Hochzeitsmode, ist gerade hinter der Brücke beendet worden. Die Möbel und Scheinwerfer werden weggetragen, das Model kommt im weißen Kleid und Birkenstock um die Ecke. Mehr als ein Schatten ist von der Tzelefos-Brücke nicht zu sehen. Ich überquere sie im Dunkeln, es geht zurück nach Paphos.
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Reisen und die Natur, inklusive Skitouren, Bergsteigen und Wanderungen, das sind die Inhalte meines Blogs "Super gsi - Beginner's Mind". Mehr dazu hier...
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