Cartagena: junge Triebe von Rosmarin
Es windet stark, so wie oft in Cartagena. Der Himmel wolkenlos und voller Möwengeschrei, ich stehe auf einem der vielen Hügel um die Bucht, sehe hinunter auf das andere Blau. Etwas entfernt, über dem felsigen Abhang, wartet eine Sitzbank, aber sie ist schon besetzt. Ein Mann mit heller Kapuzenjacke und Bart hat sie seit unbekannter Zeit eingenommen. Er starrt auf die hereinfahrenden Boote. Vielleicht ist er früher auf diesen zur See gefahren, vielleicht unter eigenem Segel in diese Bahia gekommen. Ich nehme einen Schluck vom mitgebrachten Tee, platziere mich unweit von ihm entfernt auf einem warmen, ockerfarbenen Felsen, neben mir ein Busch Rosmarin, wild und voller Zweige und junger Triebe. Ich bin versucht einen kleinen Ast abzureissen und Jonna auf die Tangaroa mitzubringen, so wie wir das schon früher in Bonifacio und in Valleta getan haben. Der Geruch frischen Rosmarins hatte die Kabinenluft für Wochen definiert. Das sind Monate her.
Sailing Yacht A im eigenen Dock
Eine riesige, metallene Segelyacht mit drei Großmasten, die wie abgeknickte Zahnstocher aussehen, liegt fest vertaut in der Werft. Ein Kran hievt etwas Großes über das Deck des Schiffes, dann in sein Inneres. Alles blinzelt und schimmert grell, der Rumpf und die Aufbauten, ja sogar die Uniformen der Crew. Etwas entfernt liegen die vielen Kriegsschiffe im Dock, im Anstrich grau wie Seewölfe, unbeweglich wie schlafende Wale. Mein Blick wandert weiter, in die Marina, zur Tangaroa. Jonna und ich sehen einer aufregenden Zukunft entgegen. Aber wessen Zukuft ist das nicht? Der Mann mit dem Bart zieht seine Kapuze etwas enger. Sein Gesicht ist ruhig, die Augen etwas zugekniffen, vielleicht ist es der schneidende Wind. Vielleicht sind es Erinnerungen an eine aufregende Vergangenheit. Gerne würde ich in seinen Gedanken lesen und fragen, wie er an meiner Stelle handeln würde. Ich stehe auf und kehre zurück in die Straßen der Altstadt.
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Reisen und die Natur, inklusive Skitouren, Bergsteigen und Wanderungen, das sind die Inhalte meines Blogs "Super gsi - Beginner's Mind". Mehr dazu hier...
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[…] Cartagena ist überraschend groß, aber vor allem sympathisch. Wunderschöne, riesige Bäume, alte Stadtmauern, verwegene Häuserwände, restaurierte Wege und moderne Hafenanlagen. Die kleinen Details eben. Der bunte Karneval ging gerade zu Ende, nun rüstet man sich für die Osterprozessionen. Ein wahres Schauspiel, habe ich mir sagen lassen, ich bin gespannt, ob es jene von Palma übertrifft. Möwengekreische lässt mich hinauf in den Himmel sehen, und auch wenn es schon dunkel ist, ihre weisse Silhouette lässt sich noch gut erkennen. Ich komme über das Ponton zum Bug der Tangaroa, drinnen brennt Licht und ich grüße laut, bevor ich mir die Schuhe ausziehe und die Luke aufschiebe. […]
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