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Wadi Rum: Wüstenfahrten

Ich fahre mit Abdallah aus dem Wüstencamp ins Dorf. Es ist keine lange Fahrt. Der Geländewagen holpert über die sandige Piste, wirbelt etwas Staub auf, beschleunigt und rattert zwischen kleinsten Büschen und riesigen Felsformationen, die Sonne blinzelt ins Wageninnere. Wir schweigen. Abdallah ist mit seinen Gedanken irgendwo, vielleicht beim Mittagessen, vielleicht bei den nächsten Besuchern, die er kurz danach abholen will. Vielleicht auch bei irgendwelchen Mädchen, die noch nicht existieren, aber irgendwann eine feste Form und Größe annehmen sollen. Abdallah ist nicht einmal halb so alt wie ich und könnte mein Sohn sein. Was für ein Gedanke, lache ich, weiss ich selbst mit mir nichts anzufangen außer zu staunen, den einen Fuß vor den anderen zu setzen und alles zu verlassen, was mir lieb und teuer ist. Wenigstens darin bin ich Champion. Ich schaue zu ihm hinüber – dunkle Haut, lange, schwarze Haare, dunkelbrauner Beduin-Einteiller mit schwarzer Weste darüber. Voller Stolz und Energie, trotz der kleinen Narben des Teenager-Alltages. Abdallah schiebt seine dunkle Sonnenbrille zurecht, ich blicke wieder nach hinten, ob unsere Gäste noch sicher auf der Ladefläche sitzen. Ich weiss nicht, ob sie leiden. Sie haben sich in dicke Decken gewickelt, ducken ihren Kopf, machen ein schmerzverzerrtes Gesicht, trotz des prächtigen Himmels. Die eine Hand am Sitz, die andere in der Jackentasche.

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Wir erreichen das Dorf und laden unsere Gäste am Parkplatz ab. Der Bus nach Petra wartet bereits. Etwas steif bewegen sie sich von der Ladefläche herunter, springen die wenigen Zentimeter herab auf die Straße, auf eine Art und Weise, dass mir Angst und Bange wird. Sie sehen sich um und greifen nach ihrem Gepäck, verabschieden sich hastig, stürmen zum Bus, und doch kommen sie kurz zur Ruhe, bevor sie einsteigen: sie klopfen sich den Staub von ihren Hosen und Jacken. Staub. Ich weiss nicht was das ist. Es ist kein Sand, es ist keine Erde, es ist kein Leben, und doch scheint es ewig zu bestehen und eine Form zu haben. Es verwirrt und erstaunt mich, ich steige wieder in den Wagen und wir rollen weiter zu Abdallahs Familie. Vater, Mutter, acht Geschwister. Wir sitzen im Garten unter einer Zeltplane, der Boden ist mit einem alten Teppich ausgelegt, in der Mitte eine Feuerstelle. Der Rauch zieht schlecht nach oben, bald tränen meine Augen, aber in dieser Runde fühle ich mich willkommen und sitze gleichauf. Hinter mir dröhnt eine Kamel-Kuh, hochschwanger. Schnell habe ich mir mein Office eingerichtet – ein Polsterstück, auf dem ich meinen Laptop platziere, und beginne im Schneidersitz die kleinen Projekte von Madallah abzuarbeiten. Asche vom Feuer regnet leise auf meine Tastatur, der kleinste der Geschwister, eineinhalb, freundet sich mit meinem Rucksack an. Ich bekomme Beduinen-Tee und frisches Fladenbrot gereicht, der Vormittag geht zügig voran, ebenso das Mittagessen in gleicher Position, dann der Nachmittag mit dem Onkel, der auch etwas von mir braucht. Ich bin hier ein gefragter Mann und irgendwie spült das die Gedankenwelt weit fort, die sich immer nur mit dem Vergangenen und dem Zukünftigen beschäftigt.

wadi-rum-desert

Spät am Nachmittag, die Familie hat sich mittlerweile über das Dorf zerstreut, fährt mich der Onkel wieder ins Beduinencamp. Sand, Staub, die Wüste, diese Vielfalt. Eine seltsame Vorstellung, dass gerade die Wüste die Sinne durch ihren Reichtum an Variation erregt. Heute ist sie warm und mild, morgen schon wieder grau und kalt, unverzeihlich und abweisend. Derweil ändert sich in Jahren kein Stein und kein Busch, da bleibt alles am gleichen Ort und verschwindet nicht. Wir halten inmitten der Zeltkolonie, die Sonne lacht, Ibrahim winkt mir grüßend zu. Es ist ein herrlicher Spätnachmittag in orangen Farben und lauen Lüften. Ich laufe hinüber zum großen Zelt, schenke mir heißen Tee ein. Und wie der Flügelschlag eines Schmetterlings oder die Laune der Seele, der Moment stürzt in sich zusammen, als ich meinen Blick nach Westen richte, über die fast schon vertrauten Berge, die Gedanken entfliehen in die Zukunft, was mich da erwarten könnte, reißen mich fort. Der Himmel verfärbt sich, ich ziehe den Zipper meines Pullovers hoch, mit schmerzverzerrtem Gesicht, die eine Hand am Rucksack, die andere in der Jackentasche. Ich verabschiede mich hastig von den Anwesenden, stürme hin zu meinem Zelt, und doch, bevor ich hineinkrieche, ein kurzer Augenblick der Ruhe: ich klopfe mir den Staub von der Hose und der Jacke; Staub, der, wie ich sehe, von innen zu kommen scheint.

3 replies

Trackbacks & Pingbacks

  1. Budapest: Der Winter ist vorüber, es lebe der Sommer – super gsi! says:
    22. September, 2018 at 09:54

    […] hat – der Winter am Mittelmeer ist eine indifferente Jahreszeit: Südspanien ist kühl, Jordanien windig, Zypern bestenfalls frisch. Einzig Albanien wäre ein richtiger Winterkandidat, aber da war […]

  2. Amman: es ist Zeit zu gehen – super gsi! says:
    22. September, 2018 at 08:06

    […] die Waffen umgehängt und mich prüfend anstarrend. Ich lief wohl eine ganze Weile, bevor ich ein SMS von Madallah erhielt, dass die hochschwangere Kamel-Dame in seinem Garten endlich ein Kamel-Baby geworfen hat. […]

  3. super gsi! | Wadi Rum: Männerrunden dieser Welt says:
    19. January, 2018 at 09:23

    […] Vier Männer, vier Geschichten, angewinkelte Beine auf roten Sitzpolstern am Boden des Essenszelts. Abdallah, der Älteste vom Chef und mein engster Freund in Wadi Rum, zieht wie immer an seiner Wasserpfeife. […]

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