Coll d’ Avallaners: Aussicht in gleißendem Licht
Langsam gleitet der Körper in das Wasser des Sees, kleine Wellen pflanzen sich von ihm fort, über das stille Gewässer. Kurz verschlägt es mir den Atem, die Kälte des Wassers dringt unmittelbar durch die Haut, wenige Schwimmbewegungen, dann hinaus auf das Gras, auf dem Bauch liegend, so flach wie möglich, die leichte Brise, ich zittere auf dem warmen Boden im goldenen Gras. Gänsehaut, dazwischen Wasserperlen.
20 Stunden früher, die Kehren führen mich durch die Berge Andorras. Eine Skistation nach der anderen, und meine Augen kämpfen mit dem Schlaf. Fenster auf, Pausen, aber ich will nach Andorra La Vella, bevor es dunkel wird. Im Paradies der Shopper bin ich verloren, komme nicht weit, packe wieder ein und fahre weiter in die nächste spanische Stadt, raus, wo ich das Auto abstelle, einen Snack esse, in den Schlafsack krieche. Meine Augen fallen zu, auf der Rückbank, und lassen sich auch Stunden später vom lästigen Piepsen des Weckers nur kurz beeindrucken. Ausschlafen bis halb sieben ist großartig, dann führe ich das Auto noch in die Morgendunkelheit. Zwei Stunden Bergstraßen folgen, das Radio hilft mir nicht: Überall auf der Welt jagt die Polizei Verbrecher, gehen die Indices in den Keller, Sportler reissen sich Bänder, und VIPs trinken Cocktails. Es ist wie überall auf der Welt, die kleinen Katastrophen und Skandale des Alltags, nur der Jingle des Senders ist anders, und die Stimme des Sprechers.
Ich steige ein kleines, enges Tälchen durch, entdecke einen Steig, folge ihm, über eine Steilstufe über einem Wasserfall, und dann bin ich im Paradies. Ein See, Kiefern, kurzes Gras, Granitblöcke, eingefasst in steile Felswände. Ui, ein japanischer Zen-Garten, kommt es mir, so gepflegt wirkt es hier, als wäre jedes einzelne Element bewußt gesetzt. Es geht weiter hinauf, immer weiter, bis auf einen kleinen Sattel, Coll d’ Avallaners, auf dem sich plötzlich Wolken formen und den Gipfelgrat verdunkeln. Das Wetter dreht, so scheint es, ich steige langsam ab, es beginnt zu regnen, nachdem ich die Granitblöcke hinter mir gelassen habe. Im leichten Regen gleitet der Körper in den kalten See, im leichten Regen liegt er im Gras, piekst die Haut. Es ist so verlassen hier, der Zen-Garten und ich. Der Regen hört auf, ich hole meine Sachen aus dem Rucksack, und kehre ins Tal zurück.
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[…] dem Berg-Trip wird ein Road-Trip, und aus dem Road-Trip ein Soul-Trip. Gedauert hat die Verwandlung zwei Tage, und am dritten Tag bin ich bereit für das Schönste, was die Berge bieten können, denn dann […]
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Reisen und die Natur, inklusive Skitouren, Bergsteigen und Wanderungen, das sind die Inhalte meines Blogs "Super gsi - Beginner's Mind". Mehr dazu hier...
Super Berichte hast du!
vielen Dank Moritz! Bist auch schon ordentlich herum gekommen 😀
viel Spaß auf eurer Tour, Mark