Schneesturm am Mt Kazbek
Der Tag der Tage schien gekommen, nach langen Vorbereitungen am Monte Rosa und Bernina waren wir startklar in Kazbegi, nach einer Nacht, in der es nur geschüttet hat. Ernüchterung, als wir aus dem Fenster sehen. Erschrecken, als wir uns bewußt werden, dass wir im strömenden Regen aufsteigen werden. “Regen” kam in unserem Skitouren-Vokabular gar nicht vor. Das mussten wir erst lernen. Um 07.00 trafen wir uns oberhalb von Kazbegi mit unserem Guide sowie einer weiteren Gruppe (6 Südtiroler Jungs, die in den letzten Tagen ein paar Touren in der Gegend absolviert hatten und so wie wir auf den Mt Kazbek wollten). Es schüttete, wir schnallten die Skier auf die Rucksäcke, stiegen eine halbe Stunde lang auf Feldwegen zu den ersten Schneefeldern hoch.
Aufstieg im Regen, teils mit Skiern am Rücken
Der Schnee war, wenig überraschend, schwer, sulzig, und schon nach einer Stunde sagten die Südtiroler “Caio” – völlig durchnässt gaben sie das Unternehmen frühzeitig auf. Wir hatten dank Hardshell-Überhosen noch relativ trockene Unterwäsche, die Handschuhe hatten aber schon Pool-Qualität und ich musste sie alle fünf Minuten richtig auswinden. Interessanterweise blieben meine trotz Wasser relativ warm. Die Sicht miserabel, der Wind heftig, und mit steigender Höhe wandelte sich Regen in Schneeregen und dann in Schneefall. Irgendwie ging es stetig vorwärts, Nika spurte wie ein Stier, wir fühlten uns fit, überquerten einen Sattel, dann einen breiten Lawinenstrich, liefen über einen Moränenrücken im Sturm dann am Seil hinab über den breiten Gletscher bis zum Schlußhang zur Betlemi-Hütte (3.653 m). Irgendwie hatte Nika den Weg trotz keiner Sicht gefunden. Der Anblick erfreute uns natürlich, die 2.000 Höhenmeter mit 15kg Rucksack bei diesen Wetterverhältnissen waren nach sieben Stunden langsam genug.
Die Hütte selbst war eine Mischung aus Kühlschrank und Ruine. Wir froren die ganze Zeit, die Sachen wurden nicht trocken und das Klo war draußen in der Natur, aka Schneesturm. Den Rest vom Tag waren wir mit Schneeschmelzen und Aufwärmen beschäftigt (Nika organisierte Holz und Musik, ich öffnete die Bar), und hatten aufgrund der Wetterprognosen nur noch wenig Hoffnung auf einen Aufstieg zum Gipfel (es fehlten noch rund 1.400 Höhenmeter): starker Wind, heftiger Schneefall für die nächsten zwei bis drei Tage!
Fast stündlich checkten wir das Wetter, auch in der Nacht schlichen wir uns um 04.00 kurz hinaus. Unverändert schlecht. Derweil trockneten die nassen Sachen vom Vortag langsam mit uns im Schlafsack. Wir warteten den ganzen Morgen, mittags beschlossen wir, abzufahren. Noch mehr Schnee bedeutete ein Lawinenrisiko, der Aufstieg bei stürmischen Wind (10 m/sec und mehr) schien nicht gerechtfertigt. Die Abfahrt am Nachmittag bei wenigen Metern Sicht wurde zu einem Klassiker. Alles lief gut, am Nachmittag waren wir wieder im Guesthouse Lomi. Müde, zutiefst enttäuscht. Höhenbergsteigen und Skitouren in großen Höhen haben ihre eigenen Gesetze. Der Kaukasus auch. Kombiniert heißt das, dass man wesentlich mehr Zeit mitbringen muss als wir hatten.
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[…] seiner Flexibilität ist der Schuh auch für längere Gehstrecken gut […]
[…] Nun haben wir es fertig geschnitten, auf Vimeo hochgeladen und für alle verfügbar gemacht: Das Video vom Auf- und Abstieg am Peak Kazbek / Georgien. […]
[…] vielleicht auffälligste und am meisten in Erinnerung gebliebene Ausrüstungsstück unserer Bergabenteuer am Mt Kazbek ist für mich die Mountain Equipment Karakorum DriLite Extreme Überhose. Sie war ein Life-Saver, […]
[…] hat noch mehr zu bieten als wilde Berge und die alte Stadt Tiflis. Das Hinterland ist voller Geschichte, und zwei solcher Stätten wollten […]
[…] dicht bepackten Marschrutka in einem Chaos aus Menschen und Waren in Tiflis an, kamen nach unserem Kazbek-Abenteuer ein zweites Mal zurück, um die Stadt in seiner ganzen Weite zu […]
[…] meinen Kindle 3 “nur” englische Literatur hochladen. Das Gerät hat sich übrigens in 3.700m Seehöhe im Kaukasus bestens bewährt, trotz eisiger Kälte. Im Schneesturm-Biwak konnte ich und meine Frau uns die Zeit […]
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